2022
»Erst am Ende eines Jahres weiß man, wie sein Anfang war« salbaderte einst der Sprüche-Klopfer Friedrich Nietzsche. Was uns daran erinnert, dass mal wieder die Inkrementierung des willkürlich gesetzten nummerischen Etiketts für einen Umlauf der Erde um die Sonne ansteht. Und da im Fußball Tradition nun einmal alles ist, gibt es zu diesem unentrinnbaren kalendarischen Anlass hiermit auch wieder den in diesem kleinen Blog seit dem ersten Jahr seiner Existenz ebenso obligatorischen wie traditionellen resümierenden Jahresendbeitrag. Und das schon zum achten Mal! Was für eine Tradition, man sollte damit einen Schal bedrucken…
Von Spiel zu Spiel…
Oben erwähnter Nietzsche soll auch gesagt haben: »Wer von seinem Tag nicht zwei Drittel für sich selbst hat, ist ein Sklave.« Da 2022 wieder ein »normales« Jahr war, konnten einige dieser Tage mit »zwei Dritteln für sich selbst« für genau 50 Besuche an einem Rasengeviert genutzt werden. Und endlich ging es mit satten drei La-Liga-Matches in Valencia auch mal wieder hinaus in die »große weite Fußballwelt«.
Die besten Spiele
Seit der Saison 18/19 gibt es hier für die besuchten Spiele ein Bewertungssystem, somit können wir den »Knaller des Jahres« und das Gegenteil davon nach den total objektiven Kriterien der ballreiter-Bewertungsskala von 1 (»Grauenvoll«) bis 5 (»Exzellent«) küren. Oben erwähntes Valencia ist ein gutes Stichwort für die »Knaller des Jahres«, denn die Höchstwertung 5 aka »zwei Daumen nach oben« gab es für die zwei Matches im Mestalla beim FC Valencia.
Das Highlight war zweifellos die »Partidazo im Mestalla« zwischen dem Valencia CF und unseren Lieblingsspaniern von Atlético de Madrid. Aber auch (das durch glückliche Fügungen des Spielplans ermöglichte) zweite Spiel im Mestalla zwischen Valencia und Getafe war ein echter Kracher. So eine »Goleada« hat Valencia diese Saison bis jetzt nur einmal hingelegt…
Das Gegenteil, 1 aka »zwei Daumen nach unten« , wurde 2022 gar nicht vergeben. Und auch die 2 mit »ein Daumen nach unten« wurde bei den 50 Spielen nur fünfmal vergeben. Bei einem wirklich grottenschlechten Spiel waren wir also 2022 nicht dabei. Gut ausgewählt und Glück gehabt…
Das Spiel des Jahres
Das »Spiel des Jahres« muss man zweifach küren. Aus der Kategorie »live am Rasengeviert gesehen« ist es das oben erwähnte Valencia vs Atléti.
Nimmt man die mittels elektrischer Bewegtbildübertragung verfolgten Matches dazu, kann das »Spiel des Jahres« natürlich nur das Endspiel der WM 2022 in Katar zwischen Argentinien und Frankreich sein. Was für eine epische Schlacht um den höchsten Titel, den man im Fußball gewinnen kann. Ein Spielverlauf mit überraschenden Wendungen und Momentumwechseln und einem Elfmeterschießen als Höhe- und Schlusspunkt.
»Quantified self« – Was wurde im Hause ballreiter geguckt?
Apropos TV-Sport. Wer lange genug dabei ist, erinnert sich vielleicht noch an Internetz-Hypes in der ersten Hälfte der 2010er Jahre: Die digitale Erfassung und Auswertung persönlicher Daten aller Art, genannt »Quantified Self«, und damit einhergehend die »Post-Privacy«-Bewegung. Letztere veröffentlichten die beim Quantifizieren gewonnen Daten im Internet, so dass alle gucken konnten, wie viele Kilometer sie gelaufen waren oder wie oft sie ihre Zimmerpflanzen gegossen hatten. Um noch einmal Nietzsche zu zitieren: »Viel von sich reden kann auch ein Mittel sein, sich zu verbergen.«
Im Geiste dieser Dinge wurden im Jahre 2022 alle im TV angeguckten Spiele mit der Anzahl der geguckten Minuten (bei Relive-Spiele schaut man nicht immer die gesamten 90 Minuten) erfasst und ausgewertet. Da kommen schon ein paar Spiele zusammen 😀. Interessanter als die reine Anzahl ist aber die Erkenntnis über die eigenen Fußball-Vorlieben, die man bei der Auswertung gewinnt.
Schauen wir uns z.B. mal die folgende Tortengrafik an, die uns verrät, welche Ligen und Wettbewerbe am Jahresgesamtguckvolumen den größten Anteil hatten:
Dass die »Lieblingsliga«, die spanische La Liga, den größten Anteil hatte, überrascht nicht. Etwas erstaunlicher ist der Anteil der MLS. Die MLS konnte man dank DAZN »relive« schauen. Wenn »die Anderen« sich vom ÖR wertvolle Informationen holten oder vom Unterschichten-TV unterhalten ließen, sorgte ein MLS-Match stets für beste Fußball-Unterhaltung…
Die Lieblingsligen früherer Jahre (Jahrzehnte), die Bundesliga und die Zweite Liga, sind mittlerweile so »raus«, dass es sogar mehr Nations-League-Spiele im TV-Menü gab. Was zum einen natürlich ein Stück weit auch daran liegt, dass man am Wochenende, wenn die Ligen Europas spielen, zu gegebener Zeit nur ein Spiel schauen kann. Und da gewinnt im Hause ballreiter heutzutage immer »Osasuna vs Elche« gegen »Freiburg vs Union Berlin«.
Und zum anderen liegt das auch an einer gewissen Genervtheit mit der rückständig-konservativen Attitüde und der selbstgerechten Social-Media-befeuerten »Fankultur« des deutschen Fußballs. Wenn ich ein (2.) Bundesliga-Match einschalte und höre die typisch deutsche Stadion-Singerei und sehe das eifrige Präsentieren »wichtiger« bemalter Tapeten, habe ich eigentlich schon keinen Bock mehr auf das Spiel. Aber es gibt ja keinen Guckzwang! Es lebe der globalisierte moderne Fußball, der einen aus der Knechtschaft der Ligen des eigenen Landes befreit. Die große weite Fußballwelt steht uns offen!
Und welche Teams haben wir am liebsten geschaut? Das verrät uns die nächste Grafik:
Wenig überraschend liegen die »Lieblingsteams« vorne. Nur dass Real Madrid auf Rang 2 landet überrascht ob der Vorliebe für Atléti (»MHDP«). Aber sie kamen halt weit in der Champions League und La Liga flimmerte oft über den Schirm…
Eine letzte Auswertung verrät uns, in welchem geguckten Wettbewerb (mindestens 10 Spiele mussten es sein) im Schnitt die meisten Tore fielen:
Die MLS mit 3,29 Tore pro Spiel zeigt, warum sie so unterhaltsam ist. Offensive lebt man dort mehr als Abwehrkunst. Auch in der Ligue 1 und der schottischen SPFL (Celtic fährt halt gerne Kantersiege ein…) gab es viele Tore zu sehen. La Liga mit 2,48 pro Spiel geizt ein wenig, dort können halt alle verteidigen und viele Spiele sind mehr »Schlacht« als »Spiel«. Schlusslicht ist die Zweite Liga, das mag an der Vorliebe für Sandhausen-Spiele liegen…
Die Blog-Hits des Jahres
Die Statistik des Servers liefert uns wieder die traditionelle Hitparade der Blog-Beiträge, die 2022 von den meisten Besucherinnen und Besuchern aufgerufen wurden. Warum ein A-Klasse-Match von 2019 die drittmeisten Hits hatte kann man sich ebenso wenig erklären wie die Popularität eines FC-Basel-Matches von 2017. Das ist wohl der »Long Tail«…:
- »David Kinsombi SZN«: SV Sandhausen vs Arminia Bielefeld 2:1 – 16.7.2022
- Ein Amateurklub auf dem Weg nach oben: Der Salford City FC und die »Klasse von 92«
- Derby an der Südtangente: Post Südstadt vs FC Südstern 1:3 – 29.9.2019
- Bökelberg-Liebe stirbt nie!
- Ungefährdeter Heimsieg: FC Basel vs FC St. Gallen 3:0 – 9.12.2017
Die größten Hits unter den Beiträgen, die auch im Jahre 2022 erstellt wurden, waren:
- »David Kinsombi SZN«: SV Sandhausen vs Arminia Bielefeld 2:1 – 16.7.2022
- Bökelberg-Liebe stirbt nie!
- Am langen Ende ging bei Borussia eine erfolgreiche Ära zu Ende
- Am langen Ende kann man die »Trainer-Frage« auch einfach mal anders herum stellen!
- Dreierpack zum Auftakt: FC 08 Neureut vs SV Huchenfeld 3:1 – 19.2.2022
Danke, guten Rutsch und ein gutes Jahr 2023!
Und damit wollen wir das Fußballjahr 2022 abpfeifen. Wie immer möchte ich mich zum Jahresende bei allen Leserinnen und Lesern dieses kleinen Fußball-Blogs bedanken. Natürlich wird dieses Blog vollgeschrieben, weil es Spaß macht. Aber wenn es dafür auch ein paar Leserinnen und Leser gibt, sorgt das stets für Frohsinn. Danke, Gracias, Thank you!
Team ballreiter wünscht eine unterhaltsame Inkrementierung der Jahreszahl und ein glorreiches 2023 voller guter Fußball- und sonstiger Tage.
In diesem Sinne, ein alljährliches Prosit auf das schönste Spiel, das man auf Rasen spielen kann. Und es gilt auch weiterhin: »Fußball ist immer noch wichtig«…
Impressionen 2022
Es folgen noch ein paar Eindrücke von den Spielen draußen in den Stadien und auf den Sportplätzen. So war es da draußen im Sonnen- und Flutlichtschein…