Partidazo im Mestalla: Valencia CF vs Atlético de Madrid 0:1 – 29.8.2022
Es war mal wieder Zeit für einen Ausflug in die »große weite Fußballwelt«! Diesmal ging es ins schöne Valencia, wo nicht nur Sonne, Strand und Tapas warteten, sondern auch interessante Fußballstadien und -spiele. Zum Auftakt gab es den »Antrittsbesuch« im Mestalla, wo Atlético de Madrid in einem heißen Montagabendspiel einen »0:1-Kantersieg« einfuhr…
Vorbemerkung: Beim Erscheinen des Blogbeitrags liegt das Spiel schon ein paar Tage zurück. Aber wenn man in Valencia unterwegs ist, kommt man natürlich vor lauter dringenden Terminen wie Meer, Strand, Sehenswürdigkeiten, Tapas und Cerveza nicht zum Bloggen, so dass das Verbloggen der Stadionbesuche bis zur Rückkehr warten mussten…
Hola Valencia!
Valencia, die drittgrößte Stadt Spaniens, ist nicht nur wg. Fußball eine Reise wert. Eine moderne Großstadt am Meer mit allerlei kulturellen und architektonischen Sehenswürdigkeiten sowie herrlichen Stränden am wohltuenden Nass des Mittelmeers findet man schließlich nicht so oft.
Zwei Fußballklubs gibt es auch noch! Und die Spielplangestalter von La Liga meinten es gut mit uns. Am dritten Spieltag war der Knaller Valencia gegen die Lieblingsspanier von Atlético de Madrid als Montagabend-Spiel auserkoren worden. Und da der Ausflug von Montag bis Montag ging, war sogar ein weiteres Spiel am Wochenende drin, denn Valencia hatte am 3. und 4. Spieltag praktischerweise zwei Heimspiele hintereinander. Und als wäre das nicht genug, spielte auch noch Villarreal am Sonntag nachmittag im anderen Stadion Valencias, da das heimische El Madrigal umgebaut wird. Glück muss der Mensch haben!
Dieser Beitrag hier behandelt das Match zwischen Valencia und Atléti und stellt den Valencia CF und sein großartiges Stadion Mestalla vor. Das zweite Match gegen Getafe und der andere Teil des sonntäglichen Doubleheaders, die Partie zwischen Villarreal und Elche, werden in eigenen Beiträgen behandelt.
Valencia CF
Der 1919 gegründete ruhmreiche Valencia Club de Fútbol, sechsmal Spanischer Meister (zuletzt 2004), achtfacher Pokalsieger (zuletzt 2019), UEFA-Cup-Sieger 2004 und Gewinner des Europapokals der Pokalsieger 1980 hat in den letzten Jahren schwierige Zeiten durchgemacht. Noch schwerer als das legendäre 0:7 in Karlsruhe!
2014 übernahm Peter Lim (dem auch Anteile am englischen »Emporkömmling« Salford City gehören) den Klub. Seitdem wurden viele Trainer verschlissen (»Höhepunkt« dürfte das Fiasko mit dem Ex-Spieler und TV-Pundit Gary Neville 15/16 gewesen sein…), Spieler verkauft und ein Teil des Publikums verärgert. Einige Gruppen »organisierter Fans« sind mit der Gesamtsituation unzufrieden und protestieren schon länger gegen Lim. Bsp.- mit vor dem Stadion verteilten Heftchen, die ein »Lim Go Home«-Centerfold enthalten (Bild), das in der 19. Minute (wg. des Gründungsjahres 1919) hochgehalten werden soll. Denn man sieht sich eigentlich als spanischen Großklub, dümpelt aber in den letzten Jahren nur im Mittelfeld und wirft Lim vor, nicht genug Geld zum Erreichen angemessener sportlicher Platzierungen in den Verein zu stecken. Das Echo im Großteil des Publikums hält sich aber in Grenzen, wenn man nicht drauf achtet nimmt man den Protest während der Spiele kaum wahr…
Immerhin, zu Beginn der Saison 22/23 gibt es Hoffnung auf bessere Zeiten. Mit dem italienischen Weltmeister Gennaro Gattuso nahm der 10. Trainer (plus viermal Voro als Interim) seit der Lim-Übernahme auf der Bank Platz. Man konnte lesen, dass Gattuso nicht »einfach so« unterschrieben, sondern mit klaren Vorstellungen mit Lim diskutiert und einen klaren Plan gemacht haben soll.
Als Trainer von Napoli hatte Gattuso, als Spieler eher der rustikale Typ im Mittelfeld, durchaus mit ansehnlichem Offensivfußball zu überzeugen gewusst. Dazu wurde der Kader mit interessanten Talenten verjüngt (und dem »alten« Edison Cavani…). Somit sind mit einem fähigen Trainer und einem vielversprechenden Kader die sportlichen Voraussetzungen für ein besseres Abschneiden als in den Vorjahren durchaus gegeben…
Mestalla
Seine Heimspiele trägt Valencia seit fast 100 Jahren im 55.000 Zuschauer fassenden Estadio Mestalla (wer es lesen kann: die spanische Version ist besser) aus. Das sieht schon bei den DAZN-Übertragungen toll aus, »in echt« ist es aber noch viel großartiger. Es liegt mitten in der Stadt, in der Nähe des trockengelegten ehemaligen Flussbett des Turia zwischen den Häusern. Wenn man um die Ecke kommt und drauf zuläuft, baut es sich als hoch aufragender Kasten auf. Im Laufe der Jahre wurde es immer höher und immer steiler ausgebaut und mit Aufbauten an den Ecken versehen, so dass es wie eine riesige Burg wirkt.
Von innen ist es »hohl«, unter den steil aufregenden Tribünen befindet sich ein Gewirr von Stützpfeilern und Treppenaufgängen (siehe Bild oben), was den »Burg-Eindruck« noch einmal verstärkt. Wenn man dann schließlich über viele Treppen oben angelangt ist, sitzt man hoch über den Dächern der Stadt und (so ähnlich wie im Bernabéu bei Real Madrid) trotzdem nah am Spielfeld, so steil sind die Ränge oben. Fantastisch, eines der besten Stadien überhaupt!
Dabei sollte eigentlich seit 2010 gar nicht mehr im Mestalla gespielt werden. 2007 begannen die Bauarbeiten an einem neuen Stadion wenige Kilometer entfernt, dem Nou Mestalla, dessen Eröffnung für 2010 angestrebt wurde. Die große Finanzkrise 2007 bis 2009 stoppte die Bautätigkeit im Rohbau, so dass das neue Stadion seitdem halbfertig »so da« steht. Jetzt gibt es Pläne, ab Oktober 2022 die Bautätigkeit wieder aufzunehmen, auch weil die Stadt Valencia die rumstehende Bauruine nicht so toll findet und langsam die Geduld verliert. Von den ursprünglich angedachten 80.000 Plätzen sollen im ersten Ausbau nur noch 49.000 übrig bleiben (also weniger als im Mestalla). Angeblich soll das Nou Mestalla nun 2025 fertig werden. Ein Gutes hat die exorbitante Verspätung: Man kann nächstes Jahr das 100-jährige Jubiläum des jetzigen Mestalla feiern…
Die Zeit bis zum Umzug ins neue Stadion (die Erfahrung lehrt, dass das auch noch länger als bis 2025 dauern könnte) sollte man nutzen, um sich das »wahre« Mestalla anzusehen. Dieses Stadion muss man gesehen haben, eines der allerbesten und auf seine Art als kühn in den Himmel gestapelte »Stadion-Burg« in Europa wohl einzigartig…
Valencia CF vs Atlético de Madrid 0:1
Am 3. Spieltag hatte La Liga den Knaller zwischen Valencia und den Lieblingsspaniern von Atléti als Montagabendspiel angesetzt. Und das um 22:00 Uhr, weil es in Valencia zu dieser Jahreszeit enorm heiß und schwül ist. Auch abends um 10 ist man schon ordentlich verschwitzt, wenn man im Stadion die Treppen hinaufgestiegen ist. Aber wenn man oben ist, bekommt man einen herrlichen Blick ins Stadion und auf die steilen Ränge…
In Spanien ist es nicht üblich, unnötig lange im Stadion herum zu lungern. Weshalb das Mestalla während des Aufwärmens der Akteure noch halb leer, aber pünktlich zum Anpfiff mit 43.900 gut gefüllt war (Video).
Darunter war auch eine lautstarke Ecke mit Atléti-Fans. Diese wurde nicht in einen Hochsicherheits-Gästeblock gesperrt, sondern saßen im Oberrang. Lediglich eine Handvoll Ordner und Polizisten stand daneben. Das volle Programm wird in Spanien nur aufgefahren, wenn Gäste aus Ländern mit »toller einmaliger Fankultur« (Deutschland z.B.) erwartet werden…
Pünktlich um 22:00 Uhr ging es los. Atlético hatte mit je einem Sieg und einer Niederlage (3:0 bei Getafe und einer relativ chancenlosen Heimniederlage gegen Villarreal) einen mittelprächtigen Saisonstart hingelegt, genau wie Gastgeber Valencia (1:0-Sieg über Aufsteiger Girona und 0:1 beim Athletic Club in Bilbao). Deshalb war »auf dem Papier« ein enges und ausgeglichenes Spiel zu erwarten…
Das leicht favorisierte Atléti legte energisch los und erzielte schon in der 3. Minute das vermeintliche 0:1 durch Morata, das aber wg. Abseits nicht anerkannt wurde. Danach zog Valencia seinen neuen »GattusoBall«-Stil auf: Laufintensiver Ballbesitz-Fußball, mit schnellem Spiel über die Flügel. Dagegen setzte Atléti auf abwartendes Lauern, was sie auch gut machten. Weshalb es in den folgenden 20 Minuten wenig Action vor den Toren gab.
Mitte der 1. Halbzeit ging es dann hoch her. Der 19-jährige Yunus Musah traf mit einem Strahl aus gut 30 Metern ins Tor. Danach schritt jedoch VAR zur Tat und Schiri Guillermo Cuadra Fernández schaute sich das Tor auf dem Schirm an. Was zu einer monumentalen Rudelbildung und zwei Gelben für die Trainer Simeone und Gattuso führt. Und einem aberkannten Führungstreffer, denn VAR interpretierte eine Aktion von Diakhaby gegen João Felix im Aufbau als Foul. Glück für Atléti, denn dieses »Foul« hätte wohl nicht jeder Schiri gepfiffen…
Das Publikum war natürlich »auf 180«, und das Mestalla zeigte, was für einen Radau es veranstalten konnte. Das Publikum pfiff und schrie sich die Seele aus dem Leib, insbesondere Schiri Cuadra war das Ziel des lautstarken Unmuts. Zumal er dann auch noch in der 39. Minute Valencias Correia wg. Notbremse gegen Morata vom Platz stellen wollte. Auch hier griff VAR ein und wandelte das Rot in Gelb um, Morata war zu weit außen (und in der Mitte stand noch jemand), als dass man da von einer »verhinderten klaren Torchance« reden könnte.
Mit einem Pfeifkonzert wurde Schiri Cuadra zur Halbzeit in die Kabine verabschiedet…
Die zweite Halbzeit verlief dann nicht gar so dramatisch. Atléti ließ Valencia ihr Ballbesitzspiel aufziehen (am Ende hatte das Heimteam 70% Ballbesitz), riegelte aber den eigenen Strafraum gewohnt effektiv ab. Und wenn doch mal jemand durchkam, war Keeper Jan »Oblaktopus« Oblak auf dem Posten.
In der 64. Minute wurde dann Antoine »Grizi« Griezmann eingewechselt. Wg. einer Klausel in seinem Leihvertrag mit Barça würden bei Erreichen eines bestimmten Satz an gespielten Minuten 40 Mio. fällig, weshalb Grizi in jedem Spiel nur 30 Minuten spielen darf. Die nutzt er aber sehr effektiv, denn nach nur 2 Minuten erzielte er (mit dem ersten Ballkontakt) durch einen abgefälschten Schuss aus der Drehung den 0:1-Siegtreffer. Und sorgte für konsterniertes Schweigen im weiten steilen Rund, nur der Atléti-Block jubelte lautstark. »Ausgerechnet« Carlos Soler, der nach dem Match am Deadline-Day zu PSG wechselte, fälschte im letzten Auftritt für Valencia die Kugel unhaltbar für Keeper Mamardashvili ins eigene Tor ab…
Atléti verteidigte die knappe Führung souverän bis zum Ende. Valencia kam zwar noch das eine oder andere Mal unverdrossen Richtung Atléti-Tor, wirklich gute Chancen waren aber wenige dabei. Weshalb die Statistik der Schüsse auf‘s Tor am Ende trotz Ballbesitzverhältnis von 70 zu 30 Prozent ausgeglichen war…