… kann man die »Trainer-Frage« auch einfach mal anders herum stellen!
Das nächste Spiel, die nächste Klatsche: Wer dachte, dass die Borussia nach dem Sieg gegen Augsburg nun endlich »in die Spur« finden würde, sah sich getäuscht. Bei der »falschen Borussia« setzte es die nächste 0:6-Packung, »am langen Ende« wieder auf die in dieser Saison übliche peinliche Art und Weise.
Der Trainer steht nicht zur Debatte, das ist auch unter dem neuen SpoDi Roland Virkus die offizielle Borussia-Doktrin. Wenn wir uns alle einig sind, dass der Cheftrainer einer Profi-Fußball-Mannschaft für die Spielweise und die Ein- und Aufstellung seiner Mannschaft verantwortlich ist, dann kann man die typische Frage »Dä Hütter steht doch nit op de Rasen, wat soll denn ‘ne Trainerwechsel jetzt bringen?« auch einfach mal umdrehen und fragen:
Was spricht denn nach nunmehr 23 Spieltagen gegen einen Trainerwechsel? Was spricht denn dafür, dass ab dem 24. Spieltag funktioniert, was 23 Spieltage meistens nicht funktioniert hat?
Hütters ungünstige Ausgangslage
Nix gegen Adi Hütter. Dass er ein guter Trainer ist, hat er auf seinen vorherigen Stationen bewiesen. Und es standen schon deutlich unsympathischere Zeitgenossen als Übungsleiter an der Seitenlinie.
Man muss Hütter auch zu Gute halten, dass er zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt zu einer Borussia kam, die schon seit Anfang 2021 in jeglicher Hinsicht im Niedergang begriffen war. Er fand eine seit Anfang 2021 »kaputte« Mannschaft vor, an der in den Transferperioden trotzdem nix groß verändert wurde. Wir sind ja nur ein kleiner Traditionsverein ohne Investor und Corona und alles und etc. pp.
Die ungünstige »Gemengelage« ändert aber nichts daran, dass der Cheftrainer nun einmal die verantwortliche Führungskraft für den sportlichen Erfolg ist. Und da hat sich nach einer dreiviertel Saison einiges angesammelt:
Defensive
Borussia hat in 23 Spielen 46 Gegentore kassiert, nur bei Hertha und Fürth hat es öfter im Netz eingeschlagen. Immer wieder bricht das Team völlig ein und lässt sich willenlos abschießen (zweimal sechs und dreimal vier Gegentore). Selbst ein mittelmäßiger Zweitligist wie Hannover 96 netzte beim peinlichen Pokalaus dreimal ein. 32 der 46 Gegentore setzte es seit dem 12. Spieltag. Sogar in den »besseren« Spielen (wie dem Sieg gegen Augsburg) schlugen die Gegentore ein. Positive Entwicklung? Fehlanzeige!
Eigentlich möchte Borussia auch Pressing spielen. Was dabei herauskommt, ähnelt aber eher einer Karikatur der Red-Bull-Schule, was Seitenwahl schön herausgearbeitet hat.
Fazit: Hütter ist es in 26 Pflichtspielen nicht gelungen, seinem Team angemessenes Verteidigen beizubringen. Es wird sogar schlimmer statt besser. Das abzustellen ist aber die originäre Aufgabe des Trainers.
Offensive
Dazu kommt eine harmlose Offensive. Ja, der Lattentreffer gegen BVB gestern war »unglücklich«. Wäre »glaubwürdig unglücklich« aber nur, wenn man ansonsten regelmäßig und systematisch treffen würde. Seit dem 5:0 gegen Bayern im Pokal Ende Oktober hat die »Fohlenelf« genau einmal mehr als 2 Tore erzielt – letzte Woche gegen Augsburg. Was aber auch nötig war, da sie – siehe oben – auch wieder zwei kassierte…
Auch in der Offensive ist keine positive Entwicklung auszumachen. 15 Tore schoss Borussia jeweils an den Spieltagen 1 bis 11 und 12 bis 23. Wenn man ehrlich ist, hat der Sturm der Borussia mit einem organisierten und systematischen Offensivspiel, wie man es von einem Bundesligisten erwarten darf, nichts gemein. Tore sind eigentlich nur das Resultat von Einzelleistungen.
Hütter tritt den Ball natürlich nicht selbst an die Latte, verstolpert nicht die Kugel wie Embolo und Co und verbietet es auch nicht, in die richtigen Räume zu laufen. Aber mit der Mannschaft ein systematisches und bundesligataugliches Offensivspiel einzuüben, ist ebenfalls die originäre Aufgabe des Trainers.
Einstellung
Die letzten 20 Minuten gegen den BVB waren typisch: Die Herren in kurzen Hosen stehen auf dem Rasen und leisten gerade so viel, dass ihnen niemand offene Arbeitsverweigerung vorwerfen kann. Sie bewegen sich die meiste Zeit in einem Tempo über den Rasen, das an die deutsche Fußballnationalmannschaft in den Zeiten von Erich Ribbeck erinnert. Nach dem Spiel stellen sich dann die Spieler hin und erzählen die immer selben Dinge wie »So etwas darf uns in der Form niemals passieren« oder »Wir machen einfach viel zu viele Fehler in allen Bereichen«.
Aber: Eine Mannschaft auf den Rasen zu schicken, die mit einer der Aufgabe angemessenen Einstellung ins Spiel geht, ist auch die originäre Aufgabe des Trainers. Zumal der Trainer selbst mit seinem offensiv vorgetragenen »Wir haben zu viel Qualität für den Abstieg«-Mantra den Eindruck erweckt, selbst den Ernst der Lage nicht richtig zu erkennen. Wie will man so die nötige Einstellung für die tabellarische Lage vermitteln?
Fazit
Was spricht also gegen einen Trainerwechsel und dafür, dass ab jetzt alles besser wird? Eigentlich nichts, denn bei den Dingen, die die originäre Aufgabe des Trainers sind, ist in den letzten Wochen keine positive Entwicklung festzustellen.
Hält man am Trainer trotzdem fest, wie das Borussia offensichtlich vorhat, dann vertraut man darauf, dass ab dem 24. Spieltag nun plötzlich auf magische Art und Weise all das funktioniert, was Adi Hütter 23 Spieltage lang nicht stabil hinbekommen hat…
Wahrscheinlich denken sich Borussias Verantwortliche: »So schlecht wie Fürth und Stuttgart sind wir nicht. Jetzt geht es in den nächsten sechs Spielen gegen die direkten Konkurrenten. Davon ab und an mal ein Spiel zu gewinnen sollte reichen, um das Schlimmste zu verhindern. Und dann geht es mit einem blauen Auge in die Sommerpause, und dann sehen wir weiter in Sachen Trainer!«. Wenn man sich da mal nicht täuscht…