… ging bei Borussia eine erfolgreiche Ära zu Ende
Was die Spatzen am Niederrhein in den letzten Wochen immer lautstarker von den Dächern pfiffen, ist nun Fakt: Nach 13 Jahren endete gestern, am 28.1.2021, tatsächlich die Ära des »ewigen Sportdirektors« Max Eberl bei der Borussia aus Mönchengladbach. Hätte man darauf vor Saisonbeginn gewettet, wäre man nun um einen ordentlichen Euro-Betrag reicher. Aber Gladbach wäre nicht Gladbach und Eberl nicht Eberl, wenn das Ganze nicht in einer doch recht »speziellen« Art und Weise zu Ende gebracht worden wäre…
Das offizielle Ende der Ära Eberl
Die PK
An den einschlägigen Orten des Borussia-Diskurses und in den Medien häuften sich in den letzten Tagen die Gerüchte um ein Ende der Tätigkeit von Max Eberl. Am Freitag wurde das Ganze dann im Rahmen einer denkwürdigen Pressekonferenz mit allen Vereins-Granden offiziell bekannt gegeben.
Max Eberl tritt aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten zurück, er sagte auf der PK:
»Die Person Max Eberl ist erschöpft und müde. Ich habe keine Kraft mehr, diesen Job so auszuüben, wie es der Verein benötigt«
Das ist seine persönliche Entscheidung, die so zu akzeptieren ist, und natürlich wünsche ich Max Eberl alles Gute und gute Erholung…
Diese PK war allerdings speziell. Für mich war das »too much information«. Das sahen wohl auch Präsi Königs und Vize Bonhof so, wobei letzterer das in seinem Statement besser überspielen konnte. Präsi Königs merkte trocken an, dass Eberl vor einigen Jahren eine Aufteilung der mit seinem Job einhergehenden Verantwortung und Arbeit auf einen Sportvorstand und einen SpoDi, wie das in anderen Vereinen längst üblich ist, abgelehnt habe und lieber alleine agieren wollte. Und kommentierte den Fakt des Abgangs an sich:
»Eine Tür geht zu, eine andere auf.«
Das wurde Königs im für solche Emo-Dinge notorisch empfänglichen Social Media umgehend als »mangelnde Empathie« ausgelegt. Aber gehen Sie davon aus, dass Königs als Präsident mehr weiß, als irgendein »Tommy Twittaboy« vor seinem Endgerät. Man muss zwischen den Zeilen zuhören…
Exkurs: Die Reaktionen auf die PK
Wie immer wird aus Eberls persönlicher Entscheidung (social-)medial gleich ein Grundsatzthema gemacht. In zahlreichen Artikeln wird beklagt, dass das böse Business Profifußball doch so empathielos und unmenschlich sei und die bösen (Social-)Medien einfach so respektlos spekulieren und kritisieren. Gut, oder wie wir Fußballer sagen: ja gut, das ist der Zeitgeist, im modernen Fußball ist immer alles ganz schlimm. Den diesbezüglichen Vogel schoss n-tv ab:
»Max Eberl geht nun den ehrlichen und gesunden Weg. Den Weg der Stärke. Wo auch immer er hinführt. Man kann ihm nur wünschen, dass er damit viele Nachahmer findet. Damit das brutale Fußball-System so schnell wie möglich zerbricht und sich in einer Art neu errichtet, die Menschen nicht mehr eiskalt die Lebenskraft aussaugt.«
Wir reden hier vom Profi-Leistungssport an der Spitze. Klar ist da »Druck«, und selbstverständlich steht man als Akteur im Mittelpunkt der Medien und, seit es das Internet und Social Media gibt, der Fans. Und das besonders, wenn der Erfolg ausbleibt.
Aber was soll denn da »zerbrechen und neu enstehen«? Wir verabschieden uns vom bösen krankmachenden Leistungsanspruch und sagen: »Ob‘s am Ende UCL oder Zweite Liga wird ist doch egal, hauptsache wir singen und tanzen und fühlen uns alle gut«? Das ist doch naiv.
Und lässt außer Acht, dass gerade der SpoDi Max Eberl immer einer war, der gerne selbst fleißig ausgeteilt hat (z.B. in Richtung der eigenen Fans) und es in den vielen erfolgreichen Jahren genossen hat, von Sendung zu Sendung und von Interview zu Interview zu tingeln und sich als Macher des Gladbacher Erfolges von genau jenen »bösen Medien« feiern zu lassen, die ihn heute angeblich krank gemacht haben. Ganz so schwarz-weiß, wie sich das die Verfasser der Emo-Texte und -Tweets machen, ist auch die böse Fußball-Welt nicht…
Und nun?
Die jungen Leute, die Borussia gar nicht ohne einen SpoDi Eberl kennen, sind fassungslos und heulen ob des Abgangs Social Media voll. Und auch Ältere sehen nun das Ende der guten Zeiten kommen, die mit der erfolgreichen Relegation 2011 (Foto), die rückwirkend betrachtet der Referenzpunkt und Kickstart der Ära Eberl war, eingeleitet wurden. Ich kann es verstehen, als ich »junger Leut« war, war Helmut Grashoff der »ewige Manager« und eine Borussia ohne ihn erschien unvorstellbar.
Aber es geht immer weiter, und oft ist es im Profifußball auch so, dass der richtige Zeitpunkt für einen Abgang »als Held« verpasst wird. Am langen Ende ist im modernen Fußball auch das Amt des Sportdirektors, wie das des Cheftrainers, eines auf Zeit. Als im Herbst 2016 die Gerüchte um einen Abgang Richtung Eberls Heimatverein FC Bayern konkreter wurden, war ich durchaus der Ansicht, dass nach 8 Jahren ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel auf dieser Position gewesen wäre…
Man entschied sich anders, nach Jahren des Dümpelns in der berühmten »Einstelligkeit« mit Hecking-Fußball wurde Eberl sogar noch einmal richtig kühn und versuchte mit der Verpflichtung von Marco Rose etwas für Borussia gänzlich Neues. Sehr ambitioniert! Was ich ihm so nicht zugetraut hatte. Das funktionierte erst einmal gut, es ging sogar noch einmal in die Champions League.
Dass die kurze Rose-Ära jäh endete, war natürlich nicht Eberls Schuld. Aber seit einem Jahr, seit dem Tag, an dem der »lässige« Marco Rose den Abgang gen Ballspielverein verkündete, agierte Eberl äußerst unglücklich. Wie der kicker in einem Kommentar heute schrieb:
»Zur Wahrheit gehört aber auch: Von Eberls goldenem Händchen war zuletzt nicht mehr viel zu sehen. (…) Unglückliche Entscheidungen und offenkundige Fehler führten zur sportlichen Schieflage und bringen Gladbach gerade nah an die 2. Liga.«
Pointiert könnte man sagen, dass Eberl die Borussia in den Tabellenregionen abgibt, in denen er sie im Oktober 2008 übernommen hat. Ganz so dramatisch wie damals ist es noch nicht, aber gefährlich ist die sportliche Lage trotzdem. Das ist nun aber nicht mehr das Problem von Max Eberl…
Danke Max!
Das schlechte letzte Jahr sollte aber nicht den Blick auf das große Ganze trüben. Der Sportdirektor Max Eberl sorgte mit dafür, dass die ruhmreiche Borussia wieder in den tabellarischen Regionen anzutreffen war, wo sie nach unserer (Gladbacher) Ansicht hingehört, statt wie so manch anderer großer Name als »abgefuckter Traditionsverein« mit Jahrzehnten zurückliegenden Erfolgen im Dauer-Fahrstuhl zwischen den Ligen 1,2 und 3 zu stecken. Dafür, zum Abschied, auch wenn ich oft genug was zu motzen hatte: Danke Max, alte Vollraute, und alles Gute für die Zukunft!