Bescheidenes Baden-Derby: KSC vs SV Sandhausen 1:0 – 13.9.2019
»Badisches Derby« in der Zweiten Bundesliga am Freitagabend – klare Sache, Pflichttermin! Den hätte man sich aber schenken können, denn es gab ein Match auf sehr bescheidenem Niveau mit wenig Torraumaction zu sehen, in dem der KSC mit einem Glückstreffer 1:0 siegte…
KSC vs SV Sandhausen 1:0
»Was ist ein Derby?« ist immer ein beliebtes Thema im deutschen Fußballdiskurs. Die »wahre Fankultur in der Kurve« beansprucht dafür die Definitionshoheit und gestattet die Verwendung nur, wenn es unter den Gesichtspunkten der Traditionsreligion (»lange Geschichte und Brisanz«) als akzeptabel erscheint. Darin steckt natürlich auch immer die Sehnsucht nach Distinktionsgewinn, wenn der traditionsärmere Nachbar drauf und dran ist, dem eigenen »Traditionsverein« sportlich den Rang abzulaufen. Denn es traf die »Fahrstuhlmannschaft« KSC auf den mittlerweile etablierten Zweitligisten SVS…
Die Entfernung zwischen dem Karlsruher Wildparkstadion und dem Sandhäuser Hardtwaldstadion beträgt genau 38,717 km »Luftlinie«, deshalb hatten wir es »per definitionem« mit dem »Derby« der beiden einzigen badischen Zweitligisten zu tun. Das wurde zum zehnten Mal ausgetragen und war vor dem Match in der Bilanz ausgeglichen. Je drei Siege für KSC und SVS standen drei Remis gegenüber…
Der KSC ging mit einer Serie von drei Niederlagen ins Spiel, der SVS mit einer ebensolchen von drei Siegen und war darum favorisiert. Entsprechend energisch gingen die Sandhäuser vom Anpfiff weg zur Sache und erarbeiteten sich in den ersten 15 Minuten diverse gute Chancen zur Führung. Erstaunlicherweise ließen die Gäste dann aber nach, und der KSC spielte seinen gewohnten »SchwartziBall«, der dem Gegner freiwillig den Ballbesitz überlässt und auf Fehler wartet. Entsprechend langweilig war das Spiel bis zur Pause. Ein KSC, der den Ball nicht wollte, traf auf einen SVS, der mit dem Spielgerät nichts anzufangen wusste. Genug Gelegenheit also, sich die auf der Baustelle dekorativ abgestellten Baumaschinen und Kipplaster anzuschauen (siehe Foto oben). Sehr schön auch das mit einem Bagger aufgespannte Banner mit der Aufschrift »Trauerhilfe Stier Gästeblock« (sic!)…
der bagger mit dem banner. sensationell. #KSCSVS pic.twitter.com/FvRQzWo66j
— ballreiter (@ballreiter) September 13, 2019
Die zweite Hälfte wurde wieder mit einer kleinen Sandhäuser Offensive eröffnet. Die nahm ein jähes Ende, als nach einem Zusammenprall zwischen KSC-Spieler Manuel Stiefler und dem SVS-Isländer Rurik Gislason letzterer am Spielfeldrand zwecks Anlegen eines Turbans nach einer Kopfverletzung behandelt wurde. Das Spiel lief weiter, Lorenz flankte vor das Sandhäuser Tor, wo Stiefler aus kurzer Distanz SVS-Keeper Fraisl anschoss. Der konnte den Ball nur nach vorne abwehren, Stiefler stolperte in den Ball und schob ihn über die Linie. Die »Kacktor«-verdächtige Führung für den KSC aus dem Nichts (57.). Die musste sich der SVS aber selbst zuschreiben. Als der Ball von Fraisl abprallte, schauten alle Sandhäuser nur interessiert zu und ex-Sandhäuser Stiefler (»ausgerechnet!«) bedankte sich…
Die letzte halbe Stunde sah einen Defensiv-Beton anrührenden KSC und einen SVS, der sich daran die Zähne ausbiss. Mit gelegentlichen Konterchancen hatte der KSC sogar die Chance auf das 2:0. Viel mehr als einen von Uphoff gut parierten Kopfball von Gislason brachte der SVS nicht mehr zu Stande und verlor damit ein typisches 0:0-Spiel mit 0:1. »Die wissen selbst nicht, wie sie das Spiel gewonnen haben« meinte SVS-Kapitän Diekmeier nach dem Spiel. So ist Fußball…
Das klingt alles aufregender als es tatsächlich war, das Spiel nahm sich viele langweilige Ruhepausen mit tempoarmem Ballgeschiebe. So hatte man Zeit, sich die Randaspekte anzuschauen. Neben den schönen Baumaschinen fiel auf, dass es in Karlsruhe jetzt Usus geworden ist, im eigenen Stadion ständig mit Pyros rumzumachen (siehe Fotos). Es sieht so aus, als wäre die N-Tribüne hinter dem Tor nun, vielleicht zur Belohnung für das Stillhalten bei der Ausgliederung, offiziell der »Abenteuerspielplatz« der örtlichen »organisierten Fanszene« geworden. Erst nach dem dritten Mal Pyro gab es eine halbherzige diesbezügliche Durchsage des Stadionsprechers. Es geht schon seltsam zu in Karlsruhe anno 2019, von der wenig ruhmreichen Jatta-Story und der dauernden Prozessiererei gegen jeden, der nicht bei drei auf den Bäumen ist, fangen wir hier gar nicht erst an…
Sportlich hat der KSC damit erst einmal den Abwärtstrend mit den drei Niederlagen und der Gegentorflut gestoppt. Auf der anderen Seite nahm der Sandhäuser Siegeszug ein ebenso jähes wie unglückliches Ende…