Ligazwerge und Höchststrafe: SV Sandhausen vs KSV Holstein 3:2 – 27.4.2019
Die Rückrunden-Jagd des SV Sandhausen Richtung Klassenerhalt ist mit das Interessanteste, was es derzeit auf badischen Fußballplätzen zu sehen gibt. Entsprechend wurde erneut die S-Bahn für die halbstündige Fahrt gen Norden erklommen, um die nächste Etappe des Kampfes um den Klassenerhalt gegen Holstein Kiel anzuschauen. Das sollte sich lohnen, in einem erneut sehr unterhaltsamen Spiel rang der SVS die Gäste aus dem Norden mit 3:2 nieder…
SV Sandhausen vs KSV Holstein 3:2
Nach dem Heimsieg gegen Dresden hätte der SV Sandhausen die Siegesserie auswärts in Duisburg fast zum fünften Sieg in sechs ungeschlagenen Spielen ausgebaut, vergeigte aber ärgerlicherweise in letzter Minute einen 2:0-Vorsprung und kam mit einem 2:2 zurück an den Hardtwald.
Mit der KSV Holstein reiste ein auswärtsstarker Gegner aus dem ersten Drittel der Tabelle nach Sandhausen. Das Team des ehemaligen KSC-Jugendtrainers Tim Walter hätte mit einem Sieg sogar noch die Außenseiterchance auf Rang 3 aufrecht erhalten können…
Etwas zu lesen gab es auch. Am Stadioneingang ließ ich mir von einem freundlichen Verkäufer die brandneue Ausgabe des Fanzine »Der Ligazwerg« (siehe Bild) »aufschwatzen«, was sich als lohnende Lektüre für die Heimfahrt herausstellen sollte. Artikel wie »Der relativistische Jahresrückblick« schlagen den Bogen vom SVS zu Albert Einstein. Eine empfehlenswerte Lektüre…
5.298 Zusehende fanden sich bei typischem Aprilwetter mit zeitweise ergiebigen Regengüssen im Hardtwaldstadion ein. Da muss man auch als glühender Verfechter von unüberdachten Stehplatzblöcken zugeben, dass so ein Dach über dem Kopf manchmal ganz praktisch ist…
Heftig wie der Aprilregen prasselten auch vom Anpfiff weg die Angriffe der KSV Holstein auf das Sandhäuser Tor ein. Man musste Schlimmes für die »Ligazwerge« befürchten, denn in den ersten 15 Minuten spielte sich das Match ausschließlich vor dem Sandhäuser Tor ab. Angriff auf Angriff rollte dem Kasten von Marcel Schuhen entgegen, bereits nach sechs Minuten schlug der Ball zum 0:1 ins Gehäuse ein. Serra setzte sich gegen Linsmeier durch und passte gekonnt auf Lee. Der legte Okugawa quer vor dem Tor maßgerecht auf, so dass dieser nur noch die Kugel ins Tor schieben musste. Die Kieler hatten weitere Großchancen, die beste war ein schöner Schuss der Gladbacher Leihgabe László Bénes an das Lattenkreuz…
Aber wir wissen: Fußball ist ein seltsames Spiel. Denn obwohl die Kieler ob der Führung allen Grund zum souveränen Agieren hatten, drehten sie das Match mit dem genauen Gegenteil davon innerhalb von fünf Minuten um!
Verteidiger Stefan Thesker spielte in der 17. Minute den Ball vor dem eigenen Tor unbedrängt in die Füße von Philipp Förster, als er einen Rückpass zu Torwart Dominik Reimann zu schwach dimensionierte. Förster ergatterte die austrudelnde Kugel, spielte Torwart Reimann aus und traf zum 1:1. Der arme Thesker kassierte die »Höchststrafe« und wurde nach 33 Minuten ausgewechselt. Das war nicht sein Tag, allerdings auch nicht der seiner Nebenmänner.
Denn fünf Minuten später bolzte Theskers Abwehrkollege Hauke Wahl beim Versuch zu klären den Ball an den Rücken eines Sandhäusers, von dem die Kugel unkontrolliert Richtung Kieler Tor zurück sprang. Andrew Wooten schaltete am schnellsten und verwandelte zur 2:1-Führung. Sensationell, innerhalb von 5 Minuten war das Spiel gedreht und der Spielverlauf komplett auf den Kopf gestellt…
Mit der Kieler Herrlichkeit war es nach dem Doppelschlag erst einmal vorbei. Erst kurz vor der Pause kamen die Kieler wieder vor das Sandhäuser Tor. Diesmal war es am SVS, etwas schläfrig zu sein. Bénes steckte halblinks in den Strafraum auf den lauernden Okugawa, der mit seinem zweiten Treffer in der 44. Minute ausglich…
Das war eine ereignisreiche erste Halbzeit. Und nach der Pause sollte es gerade so weiter gehen. Denn kaum waren die Akteure wieder auf dem Platz, war der Ball erneut im Tor. Eine Ecke von Gislason köpfte Zhirov unbedrängt in den Kieler Kasten – 3:2 in der 48. Minute!
Sandhausen setzte nun auf Spielkontrolle und überließ den Gästen das Mittelfeld, was dann am Ende zu einem Ballbesitz von 67% für die KSV Holstein führte. Aber Ballbesitz gewinnt keine Spiele, im eigenen Strafraum hatte die Abwehr des SVS bis auf wenige Ausnahmen alles unter Kontrolle und fightete die Kieler nieder. 59% gewonnene Zweikämpfe zeigen, wer Herr auf dem Rasen war. Nach Ballverlusten der Kieler hatte der SVS sogar diverse Kontermöglichkeiten, um die Führung auszubauen. Am Ende blieb es beim 3:2. Und das sonst eher reservierte Sandhäuser Publikum verwandelte sich erneut in eine Ansammlung von Feierbiestern…
Kiel verabschiedete sich mit dieser Niederlage aus dem Aufstiegsrennen. Für den SVS war es ein ganz wichtiger Dreier, da die tabellarischen Kontrahenten aus Ingolstadt, Magdeburg und Aue ihrerseits auch Dreier einfuhren. Der SVS ist nunmehr sieben Spiele unbesiegt und hat davon fünf gewonnen. Manchmal sind auch »Ligazwerge« Riesen! Der Abstand zu Rang 17 beträgt fünf Punkte, der zu Magdeburg auf Rang 16 deren vier. Drei Spieltage vor Schluss ist das eine gute Ausgangslage, aber natürlich kann in den letzten drei Spielen noch alles Mögliche passieren…
Zum letzten Heimspiel der Saison geht es in zwei Wochen am vorletzten Spieltag gegen Arminia Bielefeld. Am besten gleich mal ein Ticket klicken…