Der Star ist die Stahlrohrtribüne: KSC vs SV Meppen 3:1 – 20.4.2019
Im Baustellen-Wildpark wurde im Frühlingssonnenschein die Premiere der neuen provisorischen Stahlrohrtribüne gefeiert. Umgeben von dauergeschwenkten Ultrafahnen durfte man das Spiel erstmals aus der Hintertorperspektive erleben und sah ein für den KSC dieser Saison typisches Drittliga-Spiel. Die Einstellung und der Siegeswille stimmten aber, und vor allem war Stürmer Pourié glänzend aufgelegt. Weshalb die Männer von Alois Schwartz am Ende verdient mit 3:1 gegen den SV Meppen gewannen…
Baustellen-Report - Stirb, E4!
Der Umbau des Wildparkstadions schreitet weiter voran. Die Südkurve, unser Kurzzeit-Exil im E4-Block, findet aktuell ihr schnelles Ende durch das Werkeln fleißiger Bagger. Auch die gute alte Anzeigetafel mit der Videowand und der Uhr, die immer die falsche Uhrzeit anzeigte, musste dran glauben. Das Abreißen der Südkurve geht, wenn man es auf der Webcam verfolgt, mit einem erstaunlichen Tempo voran. Zur neuen Saison werden wir dort auch eine metallisch glitzernde Behelfstribüne bewundern dürfen…
Das Ultraparadies auf der neuen Stahlrohrtribüne
Im Norden glänzte die Stahlrohrtribüne schon beim letzten Wildparkbesuch in der Sonne, zum Spiel gegen Meppen durfte sie erstmals benutzt werden. Alle Inhaber von Stehplatzdauerkarten wurden auf diese neue provisorische Tribüne automatisch umquartiert. So weit so gut, aber zusätzlich wurde man noch zwangsweise, offensichtlich mit Billigung des Vereins, per Ultra-Dekret mit Verhaltensregeln eingedeckt:
»Wer sich aber für die neue Tribüne entscheidet, der entscheidet sich auch für 90 Minuten Vollgas für den KSC und die Gegengerade, mit Schal um den Hals und Handy in der Hosentasche statt in der Hand!«
Offensichtlich wird der Verein neuerdings vom Ultratum mitregiert. Was man auch schön an den Vorarbeiten zur geplanten Ausgliederung sehen konnte, wo ganz selbstverständlich Ultra-Vertreter mit dabei hocken durften. Ebenso musste der »heilige« aufgegebene Ultra-Block auf der alten Gegengerade leer bleiben, anscheinend damit ihn keine unwürdigen Nicht-Ultra-Füße beschmutzen (siehe Bild unten bei »Impressionen«). Das sind schon erstaunliche Strukturen, dann lieber Eigentümer aus China oder Katar…
Auf der neuen provisorischen Tribüne verteilen sich nun die Ultragruppen über die gesamte Breite und schwenken ihre grotesk überdimensionierten Fahnen unmittelbar hinter dem Tor, damit sichergestellt ist, dass jede(r) auf den Tribünen was davon hat. Schließlich müssen die Fahnen mit dem Logo der Ultragruppe möglichst oft im TV zu sehen sein. Es lebe der moderne Fußball…
Davon abgesehen ist die neue Übergangs-Stehplatztribüne nicht sonderlich gut gelungen. Sie ist zu flach angelegt und die Stufen der Stehplätze sind zu niedrig, so dass man, wenn man nicht gerade die Statur von Dirk Nowitzki hat, auch unabhängig von den Fahnen eher schlecht sieht. Vielleicht hätte man in Sandhausen Rat einholen sollen, wie man eine schöne steile Rohrrahmentribüne hinter das Tor baut…
Wenn man selbst auf dem neuen metallenen Bauwerk steht, kann man natürlich keine Fotos der neuen Tribüne machen. Deshalb versorgten die örtlichen Starfotografen @schrokim und @d3matic im Stadion verteilt das Blog mit exklusiven Fotos, um Bilder von der neuen Tribüne aus der Außenansicht präsentieren zu können (siehe Bilder oben und Video und Bilder unten bei »Impressionen«). Alle Bilder, die von links drauf gucken, sind von @schrokim, die von der anderen Seite von @d3matic. Vielen Dank für die hübschen Bilder!
Wenn man die Bilder anschaut muss man schon zugeben, dass die neue Tribüne von außen betrachtet als dekorative Kulisse des TV-Fußballs (lustigerweise genau das, was das Ultratum mit seinem verqueren Traditionsbegriff ablehnt…) durchaus was her macht. Wenn man mittendrin steht, ist es halt nicht gar so großartig. Die Tore habe ich erst in der Zusammenfassung richtig gesehen…
Das sehen auch noch andere Zusehenden so, die aus den Blöcken A1/A4/E4 zwangsumquartiert wurden. Es wird von diversen Beschwerden über die Sichtbehinderungen durch Fahnenschwenkerei berichtet. Im Block N1 soll es auch zu kleineren körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein, weil einige Ultras auf die Beschwerden mit ihrer gewohnt nassforsch-anmaßenden Art reagierten und dann an einige »Althauer« aus dem E4 geraten sein sollen…
KSC vs SV Meppen 3:1
Vor lauter »neue Tribüne« hätte man fast vergessen können, dass auch noch Fußball gespielt wurde. Die Saison der Dritten Liga geht in die heiße Phase und der KSC ist trotz einer für einen Aufstiegskandidaten mittelmäßigen Rückrunde (in 14 Spielen gab es nur fünf Siege und einen Punkteschnitt von 1,5 Pkt./Spiel, das ist nur oberes Mittelfeld…) noch voll drin im Rennen um den Aufstiegs-Tabellenplatz 2.
Offensichtlich hat der KSC einen neuen Berater, der zum großen Saisonendspurt empfohlen hat, mit Emo-Content unter dem Motto »wir gemeinsam« auf allen Kanälen zu mobilisieren. Sogar Trainer Alois Schwartz machte mit und ließ bei der PK vor dem Spiel für ihn eher untypische Brüller wie »wir können nur gemeinsam das Ziel schaffen« oder »wir auf dem Platz und auf den Rängen Feuer abbrennen« los…
12.562 Zusehende sorgten bei fast schon sommerlichen Temperaturen für eine gute Kulisse und ein fast volles Baustellen-Stadion, darunter auch ein paar Hundert aus dem gut 520 Auto-Kilometer entfernten Meppen. Der »Kultverein« (die Armen, wenn man so ein Etikett einmal hat wird man das nicht mehr los…) aus dem Emsland an der Grenze zu den Niederlanden trat zum zweiten Mal in der Fußball-Historie in Karlsruhe zu einem Pflichtspiel an. Das erste Mal ist noch nicht lange her, vor gut einem Jahr gab es ein 2:0 für den KSC.
Das Team von Langzeit-Trainer Christian Neidhart (seit 2013 im Amt) spielte eine schwache Hinrunde und rutschte dadurch in gefährliche Tabellenregionen, hat sich aber mit einer sehr guten Rückrunde (vor dem Spiel hatten die Emsländer in dieser 2 Siege und 3 Punkte mehr als der KSC geholt) aus dem Tabellenkeller herausgearbeitet und sollte dadurch auch nächste Saison wieder in der Dritten Liga spielen. Einen gehörigen Anteil daran hat ein prominenter Neuzugang. Wandervogel Nick Proschwitz, der die Fußballwelt von Vaduz über Paderborn, England, Belgien und zuletzt bei Sparta Rotterdam kennengelernt hat, schnürt seit Oktober 2018 die Kickschuhe für den SV Meppen. Der Stürmer tat das mit 12 Toren und vier Vorlagen in 22 Spielen ausgesprochen erfolgreich. Der KSC hat mit Marvin Pourié bekanntlich einen Angreifer mit ähnlicher Biografie auf dem Rasen, so dass es zum großen Duell der in der Dritten Liga gelandeten Stürmer-Wandervogel kam…
Der KSC, der aus den letzten vier Spielen nur einen Sieg geholt hatte, stand im Aufstiegsrennen unter Zugzwang. Nach Anpfiff sah man davon aber noch nicht viel, in den ersten 15 Minuten wurde Standfußball dargeboten, viele hohe Bälle flogen durchs Mittelfeld, ohne einen Mitspieler zu finden. Nur einmal gelang dem KSC ein guter Angriff, was gleich zu einer Großchance von Anton Fink führte.
Ansonsten waren es eher die Gäste aus Meppen, die gefährlich Richtung Strafraum kamen. Folgerichtig legte Nick Proschwitz im Torjägerduell mit Pourié in der 17. Minute vor. Der ehemalige Dundee-Spieler Luka Tankulic eroberte im Mittelfeld den Ball und passte auf den Flügel hinaus zu Hassan Amin, der in den Strafraum lief und vor das Tor passte. Dort stand Pisot ebenso alleine wie chancenlos gegen zwei Meppener, Proschwitz verwandelte mühelos zur Führung. 0:1 nach 17 Minuten, und das hochverdient…
Meppen war danach das bessere Team, den Blau-Weißen gelang nicht viel. Aber wenn kollektiv nicht viel geht, muss es individuelle Klasse richten. Gordon pöhlte wie so oft einen langen und hohen Ball von der Mittellinie einfach nach vorne. Diesmal fand die Kugel aber punktgenau den an der Abseitsgrenze lauernden Pourié, der aus 20 Metern sehenswert zum 1:1 in der 25. Minute verwandelte. Der Ausgleich auch im großen Torjägerduell…
Danach fiel das Spiel wieder in die Muster vom Beginn zurück. Bis weit in die zweite Halbzeit hinein wurden in einem mit wenig Tempo und Bewegung geführten Spiel viele hohe Bälle hin und her gepöhlt. Der KSC leistete sich viele Fehlpässe, was natürlich auch in der Natur der Sache liegt. Hohe Bälle bieten wenig Ballkontrolle, am Ende steht immer eine 50-50-Situation, die zum Ballverlust führen kann. Ab und an kam Meppen dadurch gefährlich vor das Tor. Die Blau-Weißen hätten sich über eine erneute Führung der Meppener nicht beklagen können…
Stattdessen ging aber der KSC in Führung! Ein hoher Ball in den Strafraum wurde von Pourié erobert und zu Fink geköpft, der spielte quer zum sich im Rücken der Abwehr anschleichenden Christoph Kobald. Selbiger war kurz zuvor eingewechselt worden und erzielte zu seiner eigenen Überraschung die Führung. Selten sieht man einen Torschützen ob des Geschehens so überrascht und desorientiert aus der Wäsche gucken wie Kobald. Und manchmal hat der Trainer halt doch recht. Die Einwechslung des Defensivspielers Kobald beim Stand von 1:1 war kurz zuvor auf der Tribüne mit hörbarem Murren registriert worden…
Danach zeigte der KSC den Willen den es braucht, um das Spiel nicht mehr aus der Hand zu geben. In der 81. Minute sorgte Pourié für die Entscheidung. Wanitzek hatte aus zentraler Mittelfeldposition gepasst und Pourié sorgte mit einem schönen platzierten Schuss von der Strafraumgrenze auch für den 2:1-Sieg im Duell der Torjäger gegen Proschwitz. Mit dem Doppelpack ist Marvin Pourié nun auch der Drittliga-Rekordtorjäger des KSC…
Ein wichtiger Sieg für Blau-Weiß, zumal der SV Wehen-Wiesbaden 3:1 in Jena verlor. Damit setzt sich der KSC mit drei Punkten Vorsprung auf Rang 2 fest. Vielleicht nimmt diese doch ziemlich zähe und anstrengend anzuschauende KSC-Saison (ich habe in dieser Saison definitiv ein paar KSC-Spiele zu viel gesehen…) sportlich doch noch ein gutes Ende…
Impressionen
Die neue Stehtribüne in Aktion. Sehr hübsch – wenn man nicht draufsteht… (Video von @d3matic – Danke!)