Des Dorfs Getümmel: SV Sandhausen vs Darmstadt 98 1:1 – 15.2.2019

Stadion

»Ich höre schon des Dorfs Getümmel, hier ist des Volkes wahrer Himmel« schrieb einst der Dichterfürst und passionierte Sprücheklopfer Goethe in seinem »Osterspaziergang« über die Zeit, in der der Winter endet und der Frühling langsam kommt. Ganz so weit sind wir noch nicht, die Kälte in den Stadien und Sportplätzen lässt aber langsam nach und auf den Fußballplätzen der Region wird die Auswahl anguckbarer Spiele stetig größer.

Wie an diesem Wochenende, an dem für die beiden badischen Zweit- und Drittligisten innerhalb von 22 Stunden Heimspiele anstanden und wir deshalb die »22 Stunden des regionalen Rumpelfußballs« ausriefen. Den Auftakt machte der Abstiegskampfknaller zwischen dem SV Sandhausen und Darmstadt 98, der nach viel »Kampf und Krampf« mal wieder 1:1 endete…

Abstiegskampf

Es ist eine harte Saison für den einzigen badischen Zweitligisten aus Sandhausen. Von Saisonbeginn an lief es nicht rund, und auch der Trainerwechsel von Kenan Kocak zu Uwe Koschinat brachte nicht den ganz großen Aufschwung. Immerhin, im ersten Spiel nach der Winterpause gelang ein deutlicher 3:0-Heimsieg gegen den selbsternannten Aufstiegsaspiranten VfL Bochum. Dass die Punkte-Früchte beim ersten Auswärtsspiel des Jahres bei Union Berlin hoch hängen würden war absehbar. Umso wichtiger sind Dreier in den Heimspielen, die in der aktuellen Saison erst zweimal eingefahren wurden…

Zu Gast war mit Darmstadt 98 das schlechteste Auswärtsteam der Zweiten Liga. In zehn Versuchen hatte das Team von Dirk Schuster ein einziges Mal auf fremden Plätzen gewonnen, und das war am 2. September mit 1:0 in Heidenheim. Da es für die Lilien aus den letzten neun Spielen überhaupt nur einen einzigen Dreier gegeben hatte, rutschen die Darmstädter langsam aber sicher in den Abstiegskampf ab. Was für den SV Sandhausen die große Chance brachte, mit einem Heimsieg den Rückstand auf Darmstadt auf drei Punkte eindampfen zu können…

SV Sandhausen vs Darmstadt 98 1:1

Wie schon bei letztjährigen Auflage dieses Duells sorgte das Match für ein mit 7.624 Zusehenden ordentlich gefülltes Hardtwaldstadion. Auch aus dem etwa 65 km entfernten Darmstadt hatte sich eine stattliche Zahl an Schlachtenbummlern nach Sandhausen aufgemacht.

Mit gutem Wetter, einer ordentlichen Kulisse und einer guten Fußballatmosphäre war alles für einen spannenden Zweitliga-Abstiegskampfknaller bereitet. Man hätte aber gewarnt sein müssen, sowohl im Hinspiel als auch in der letzten Saison hatte es jeweils ein 1:1 gegeben…

Als über dem Hardtwald die Sonne unterging, machten sich die 22 Akteure bereit für ihre Aktivitäten auf dem grünen Rasen. Wenn der kicker schreibt »die Zuschauer sahen von Beginn an eine intensive Partie mit vielen hart geführten Zweikämpfen«, dann weiß man schon, was es nach dem Anpfiff von Schiri Lasse Koslowski zu sehen gab. Das »Spiel« fand vorwiegend gegrätscht auf Grasnarbenhöhe statt und den Zusehenden war schon nach wenigen Minuten klar, dass es hier heute kein Fußballfest geben würde. Darmstadt war auf Destruktion aus, und den Sandhäusern fehlen schon die ganze Saison die spielerischen Mittel, um solche massiven Abwehrreihen zu knacken.

Tore konnte es daher nur nach Standards geben. Wie das 1:0 für den SVS. Nach einer Ecke von Gislason in der 24. Minute sprang Schleusener am höchsten und köpfte die Kunstlederkugel in die Maschen.

Der Rückstand war für die Lilien kein Grund, ihre Taktik zu ändern. Sie warteten auf einen Standard. Den besorgte ihnen in der 34. Minute der Ex-KSC-Spieler Marvin Mehlem mit der »Schwalbe des Jahres«. Mehlem drang in den Strafraum ein und ging gegen Sandhausens Knipping in den Zweikampf, den dieser ohne eine Berührung abschloss. Erst danach verknotete sich Mehlem die Beine und ging derart theatralisch zu Boden, dass Neymar, sollte er sich aus Langeweile auf der Couch mit dem Fernseher zu einem deutschen Zweitligaspiel verirrt haben, vor Neid erblasste…

Schon von der Tribüne unmittelbar hinter dem Geschehen sah das ziemlich komisch aus, der zuständige Linienrichter hatte entsprechend auch nicht auf Foul erkannt. Schiri Koslowski schon, er fragte noch einmal bei Mehlem nach, der ihn, wie man so liest, angelogen haben soll. Was Mehlem durchaus nachträglich eine Sperre einbringen könnte. Nach minutenlangen Protesten und Rudeln (jetzt wissen wir was Goethe mit »des Dorfs Getümmel« eigentlich meinte…) behielt Tobias Kempe die Ruhe und verwandelte den Elfer zum 1:1-Ausgleich.

Der Rest des Spiels war dann wie erwartet »Kampf und Krampf«. Darmstadt gefiel sich in Dauer-Destruktion (was ja legitim ist), der SV Sandhausen berannte trotzdem wacker den Darmstädter Strafraum. Es zeigte sich aber wieder das Hauptproblem der Sandhäuser in dieser Saison: Die Offensive ist einfach zu schlecht, es fehlen die spielerischen Mittel, um eine massierte Deckung zu knacken. Und die wenigen Chancen, die sich ergeben, werden relativ kläglich vergeigt. In der Wintertransferperiode keine offensive Verstärkung verpflichtet zu haben könnte dem SVS die Ligazugehörigkeit kosten…

Am Ende blieb es beim 1:1, Sandhausen war verärgert über den Elfer. SVS-Boss Machmeier schäumte ob des »Skandalspiels«:

»Herr Koslowski soll künftig in der Kreisliga pfeifen. Da gibt es keine Linienrichter, die ihn korrigieren.«

Fazit: Ein Zweitligaspiel, das nach Dritter Liga aussah. Darmstadt spielt unter Schuster so, als wollten sie dem eigene Image der »limitierten Dreckstruppe« noch einmal einen Extra-Schub verpassen. Und der SV Sandhausen ist, bei allem lobenswerten Einsatz, im Offensivspiel besorgniserregend schwach. Immerhin ging es hoch her und es war bis zum Schluss spannend…

 

(Bewertung: Grauenvoll | Schlecht | Geht so | Gut | Exzellent)

Impressionen

Zweite Liga 18/19