Ende einer Ära: KSC vs Würzburger Kickers 2:1 – 3.11.2018

Stadion

Nach jahrzehntelangem Hin und Her passiert es tatsächlich: Das altehrwürdige Karlsruher Wildparkstadion wird umgebaut, schon in der nächsten Woche starten die ersten Vorarbeiten. Deshalb wurde das Match gegen die Würzburger Kickers zur großen »Wildpark-Abschiedsparty« erklärt. Die Kickers verhielten sich so, wie das brave Gäste tun: Sie schenkten dem KSC zum Abschied in einem äußerst bescheidenen Spiel einen 2:1-Heimsieg…

Wildparkstadion – Umbau nach 63 Jahren

Seit im für den Fusionsverein Karlsruher SC neu errichteten Wildparkstadion am 7. August 1955 mit einem Spiel zwischen dem Pokalsieger KSC und dem Deutschen Meister Rot-Weiss Essen (an den Namen der Titelträger sieht man schon, wie lange das her ist…) erstmals Fußball gespielt wurde, blieb das Stadion in seiner Grundstruktur unverändert. Das Flutlicht kam dazu, die Tribüne der Gegengerade in den 70ern, die Hauptribüne in der großen Winnie-Schäfer-Zeit der 90er – aber das weitläufige Rund in einem Wall aus Weltkriegsschutt steht seit 63 Jahren so da.

Umbaupläne für das in städtischem Besitz befindliche Stadion gab es viele. Nach dem letzten Bundesliga-Aufstieg 2007 war sogar im Hochgefühl des Derbysiegs gegen den VfB Stuttgart ein Umbau von den damaligen Verantwortungsträgern KSC-Präsi Raase und OB Fenrich im TV stolz als »perfekt« vermeldet worden. Streitereien um die Finanzierung und Luftschloss-Fantasien des KSC von einem durch Investoren finanzierten Stadion-Neubau an der Autobahn verzögerten den Umbau aber weitere 11 Jahre. Erst der aktuelle OB Frank Mentrup hatte die stabilen Nerven, um das Thema zu einem unterschriftsreifen Abschluss zu treiben…

Als der Autor dieser Zeilen gegen 2005 nach Karlsruhe kam, war das Bauen der modernen Fußball-Arenen überall in Deutschland im vollen Gange. Deshalb war das Stadion bereits damals ein Relikt aus der angeblich »guten alten Fußballzeit« und man ging eigentlich nur zum KSC, weil das Stadion da stand. Es war die Zeit, als unter der Führung von Trainer Ede Becker die große Mannschaft entstand, die 2007 mit großartigem Offensivfußball in die Bundesliga aufstieg.

So blieb man seit nunmehr 13 Jahren da hängen, obwohl der gebotene Fußball von Jahr zu trostloser wurde. Im mörderischen Sonnenschein und im gnadenlos herunterprasselnden Regen (siehe Bild, oben) stand man auf dem unüberdachten Stehplatz im Block A1 (fast alle Bilder von KSC-Spielen im Blog entstanden von dort aus). Camp Nou hat schließlich auch kein Dach!

Der Umbau ist nun Fakt, und gerade die Kurve mit dem Stammblock A1 wird als erstes abgerissen, so dass dieser Blogeintrag die letzten Bilder aus der »gewohnten« Perspektive enthält.

Die Entscheidung an sich hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl. Natürlich ist das Stadion aus der Zeit gefallen und hätte so oder so in den nächsten Jahren einen Millionenbedarf zum Erhalt der Spielgenehmigung in den Profiligen gehabt. Andererseits ist es aber die Frage, ob es die Aufgabe öffentlicher Kassen ist, Spielstätten für den Profifußball zu finanzieren. Sich hinzustellen und »wir sind so ein toller mitgliedergeführter Traditionsverein und haben keine bösen Investoren, sind wir nicht toll?« zu sagen, aber finanziell vom Wohl und Wehe eines Vizepräsidenten jenseits der 80 abhängig zu sein und sich die Spielstätte auf Kosten der Allgemeinheit finanzieren zu lassen, ist für eine Profisport-Unternehmung schon eine fragwürdige Basis. Der »böse« moderne Profifußball sollte im Jahre 2018 andere Möglichkeiten bieten als eine Finanzierung durch Steuergelder. Von dem großen finanziellen Risiko, dass der chronisch klamme Verein durch eine 35-jährige Verpflichtung zur Rückzahlung der Baukosten durch eine nach Ligazugehörigkeit gestaffelt zu entrichtende jährliche Miete eingeht, ganz zu schweigen. Man frage in Kaiserslautern oder Aachen nach…

KSC vs Würzburger Kickers 2:1

Hier und heute galt es aber, den Abschied vom gewohnten Stadionrund zu feiern. Ein letztes Mal war der Wildpark fast ausverkauft, 24.317 Zusehende sorgten für eine grandiose Kulisse. Auf der Gegengerade hatte man eine hübsche Choreo unter dem etwas holprigen Motto »Mit einer Sportanlage fing alles an, so erlebten wir Momente, die man nie vergessen kann« gebastelt, die zum Einmarsch der kurzbehosten Akteure präsentiert wurde.

Bei all dem Galama um das Stadion hätte man fast vergessen können, dass um Punkte in der Dritten Liga gekickt wurde. Der in dieser Saison heimschwache KSC (zwei Siege in sechs Versuchen, und ein gutes Heimspiel war eigentlich nur der Sieg gegen Uerdingen…) war nach dem Vier-Siege-Zwischensprint in den Spielen nach der Lotte-Klatsche in den Stil der Zeit davor zurückgefallen und schon wieder seit drei Spielen sieglos.

Der Gegner aus Würzburg war mit einem Sieg aus den letzten fünf Spielen auch nicht gerade in Topform und dazu noch mit Problemen auf der Torwartposition angereist. Das führte dazu, dass Torhüter Leon Bätge nach einem Nasenbeinbruch als »Maskenmann« auflaufen musste.

Bei allerbester Stimmung und leicht sonnigem Herbstwetter ging es in das letzte Spiel in der alten Wildpark-Konfiguration. Alois Schwartz schickte seine Standard-Elf auf den Platz. Diese zeigte, wie in den Heimspielen dieser Saison fast schon üblich, erst einmal wenig. In gemächlichem Tempo wurde die Kugel hin und her gespielt. Zwei Torannäherungen in der Anfangsphase waren zunächst die einzige Ausbeute. Noch weniger war von den Gästen zu sehen, die auftraten, als hätten sie noch nie in ihrem Leben in einem vollen Stadion gespielt. Deshalb sah es kurz vor der Pause schwer nach 0:0 aus…

Aus dem Nichts gab es dann aber in der 41. Minute den besten Angriff des Tages. Uphoff eröffnete das Spiel schnell auf den zentral stehenden Groiß, der passte flott auf den links freilaufenden Stiefler, welcher wiederum mit »One Touch« auf den zentral wartenden Pourié weiterleitete. Der wuchtige Mittelstürmer bewahrte die Übersicht und vollendete zur 1:0-Führung. Schön gemacht! Manchmal zeigen sie doch, was sie mit dem Ball drauf haben. Leider viel zu selten…

Nach der Pause wurden die bis dahin enttäuschenden Gäste aus Würzburg munterer und griffen an. Das verleitete die KSC-Abwehr zu Fehlern. Gordon vertändelte die Kugel zentral, Uphoff ließ einen ersten Abschlussversuch abprallen. Der Abpraller landete beim ehemaligen Karlsruher Dennis Mast, der von der Grundlinie auf den völlig alleine vor dem Tor stehenden Patrick Göbel zurücklegte. Der netzte mühelos ein – 1:1 in der 51. Minute! Der Ausgleich mit dem ersten vernünftigen Angriff…

Danach waren die Kickers das spielbestimmende Team, die Abwehr des KSC war aber wieder munter geworden und ließ nichts zu. Als die Gäste nach etwa 60 Minuten mit dem Remis zufrieden waren und sich ein wenig zurückzogen, wurde der heimische KSC wieder stärker und kam zu einigen Gelegenheiten, die aber allesamt vergeigt wurden.

Wie in der ersten Halbzeit sah es 10 Minuten vor Schluss schwer nach einem Unentschieden aus, als sich die Gäste in Form von Torhüter Leon Bätge daran erinnerten, dass es zum guten Ton gehört, als Partygast ein Geschenk mitzubringen. »Maskenmann« Bätge wollte einen durch einen abgefälschten Schuss von Choi dräuenden Eckball an der Grenze des Fünfmeterraums verhindern, verlor dabei aber die Kugel an Fink. Der Drittliga-Rekordschütze schob den Ball schnell hinüber zum in der Mitte lauenden Pourié, der die Kugel ins leere Tor schob. 2:1 in der 82. Minute!

Das war der Sieg im letzten Spiel im alten Wildpark. Ein eher glücklicher Heimdreier, der aber trotzdem vom vollen Wildpark ausgiebig bejubelt wurde…

Nach dem Spiel gab es noch eine stimmungsvolle Abschiedszeremonie mit einer dekorativen Pyro-Kette (organisiert und legal, den Unterschied zur illegalen Pyro in einem vollen Stadion rafft Fußball-Traditions-Twitter mal wieder nicht…) im Innenraum. Sabine Wittwer gab dazu noch einmal »So lange die Sterne noch stehen« zum Besten, alte Helden der KSC-Historie wie Heinz Ruppenstein, Euro-Eddi Schmitt, Mario Eggimann oder Alexander Iashvili drehten zum Abschied eine Ehrenrunde…

Und das war es dann im alten Wildpark und für den Blog-Autor das letzte Spiel im gewohnten Block. Nun beginnt eine Umbauphase, die nach Plan irgendwann in der Rückrunde der Saison 21/22 abgeschlossen sein soll. Währenddessen geht der Spielbetrieb weiter, das nächste Heimspiel am 25.11. gegen die Sechzger wird das erste im »Baustellen-Wildpark« sein…

Fazit: Ein großartiger festlicher Rahmen für das letzte Spiel im alten Wildpark. Das Spiel selbst war weniger gelungen, ohne den Würzburger Torwartfehler wäre es ein nur zeitweise interessantes gerechtes Unentschieden geworden…

 

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