Europapokal bei den »Bösen«: FC Salzburg vs Celtic FC 3:1 – 4.10.2018
Schon lange kein Celtic mehr im Stadion gesehen! Da traf es sich gut, dass der UEFA-Gott der Europa-League-Gruppenphasenauslosungen dem Celtic FC eine Gruppe mit den Red-Bull-Geschwistern Salzburg und Leipzig bescherte. Von Karlsruhe aus auch nicht gerade in der Nachbarschaft gelegen, aber immerhin nicht so weit weg wie Glasgow.
Also ging es hinaus in den »Hort des Bösen« für Fußballtraditionalisten, die Red Bull Arena vor den Toren Salzburgs. Der in der UEL als »FC Salzburg« auftretende Klub setzte sich gegen die 55 Minuten lang führenden Bhoys in einem extrem einseitigen Spiel am Ende noch deutlich mit 3:1 durch…
Salzburg
Salzburg ist eine pittoreske 150.000-Einwohner-Stadt kurz hinter der deutschen Grenze. Das weltberühmte historische Zentrum ist eine Art »bewohntes Freilichtmuseum« und wurde 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Außerdem ist Salzburg der Geburtsort des großen Wolfgang Amadé Mozart, was dem aufmerksam Betrachtenden nicht entgehen kann, wenn man durch die hübsche Altstadt schlendert. Denn man wird an fast jeder Ecke an den berühmtesten Sohn der Stadt (der der Überlieferung nach seine Heimatstadt eigentlich gar nicht so toll fand…) erinnert…
Der Spieltag war ein sonniger Herbsttag, und ganz Salzburg war mit Grün-Weiß durchsetzt. Überall saßen Leute in Celtic-Farben und erfrischten sich mit einem kühlen Stiegl Pils. Da Celtic-Fans nicht nur in Schottland daheim sind, hörte man schottische, französische, spanische und deutsche Sprachfetzen. Das Ganze spielte sich in einer friedlichen Atmosphäre ab. Es standen zwar diverse Polizeiwagen in der Stadt, deren Besatzungen standen und saßen aber nur herum und genossen den herbstlichen Sonnenschein. So muss das sein!
FC Red Bull Salzburg und die Arena
Gastgeber war der FC Red Bull Salzburg, neben dem Filialbetrieb in Leipzig das »Mordor« der Fußball-Traditionalisten. Der namensgebende Getränkekonzern hat seine Zentrale im etwa 30 km von Salzburg entfernten Fuschl am See und übernahm 2005 den finanziell maroden örtlichen Fußballklub SV Austria Salzburg. Mit der Übernahme wurde der Name zu FC Red Bull Salzburg geändert, was in Österreich üblich ist (deshalb sind dort in der Bundesliga Weltklasse-Vereinsnamen wie »RZ Pellets WA«, »Cashpoint SCR Altach« oder »FC Flyeralarm Admira« zu finden…). Schon vorher war der SV Austria jahrelang als »SV Wüstenrot«, »SV Casino« oder »SV Gerngroß« (nach einem Kaufhauskonzern) unterwegs. Neu war, dass Red Bull auch Logo und Vereinsfarben an die eigene Firmenidentität anpasste und deshalb zum Hassobjekt örtlicher und sonstiger Fußballtraditionalisten wurde.
Entsprechend wird das Fußballgeschehen in Salzburg seit Jahren von traditionsideologischen Fußballpublikationen mit Wunschdenken oder Häme begleitet. Frustrierte Austria-Fans gründeten nach dem RB-Einstieg den so genannten »Fanverein« Austria Salzburg, der in der traditionsnahen Fußballpublizistik als Gegenmodell zu RB Salzburg auf das Allerschönste glorifiziert wurde, aber nach der Saison 15/16 mit 1,4 Mio Schulden schon wieder insolvent war. QED…
Seine Heimspiele trägt Salzburg in dem sich westlich an Salzburg anschließenden Vorort Wals-Siezenheim aus. Noch als SV Austria wurde 2003 das 1971 errichtete »Lehener Stadion« aufgegeben und in den Neubau »Stadion Wals-Siezenheim« umgezogen. Dieser wurde für die EM 2008 ausgebaut, bei Europapokalspielen finden 29.520 Zusehende Platz. Da Red Bull die für die Stadionvermarktung gegründete Gesellschaft aufkaufte, gaben sie sich selbst die Namensrechte und das Stadion heißt nun offiziell »Red Bull Arena«.
Zur Anreise empfiehlt sich die S-Bahn vom Hauptbahnhof (oder von »Mülln-Altstadt«) aus bis zur Haltestelle »Taxham-Europapark«. Die Fahrt dauert nur 5 Minuten, nach einem etwa 1 km langen Fußweg hat man die Arena erreicht.
Weil in der Nachbarschaft das Schloss Kleßheim steht, sollte das Stadion architektonisch »unauffällig« gehalten werden. Deshalb ist es in den Boden hinein gegraben und wurde von außen als harmonisch in die Umgebung eingefügter »Holzwall« angelegt. Der zur EM 2008 ursprünglich als Provisorium draufgebaute Oberrang, der eigentlich nach dem Turnier wieder zurückgebaut werden sollte, aber auf Druck von Red Bull eine Dauerlösung wurde, ruiniert die Optik des Stadiums aber ziemlich und sieht irgendwie »angeflanscht« aus…
Der Eintrittspreis für das Europa-League-Gruppenspiel war mit 30 Euro für einen Südtribünen-Sitzplatz im akzeptablen Rahmen. Die Salzburger hatten die gesamte Südtribüne zum »neutralen« Bereich erklärt, so dass sich dort Rot-Weiß und Grün-Weiß fröhlich mischten. Und es gab erstaunlicherweise sogar »richtiges« Bier im Stadion bei einem UEFA-Spiel, ein Salzburger Stiegl Pils für 4 Euro…
Von der befürchteten »Kommerz-Atmosphäre« war nicht viel zu entdecken. Im Grunde ging es dort zu wie in jedem anderen Stadion auch. Der Stadionsprecher hyperventilierte ab und an ein wenig, aber das machen sie bei »Traditionsvereinen« auch. Ein großes Rumgemache mit Sponsorenkram gab es auch nicht. Was aber daran liegen mag, dass das bei Spielen unter Ägide der UEFA nicht erlaubt ist.
Celtics schwieriger Saisonstart
Aber natürlich fuhren wir dahin, um mal wieder unsere schottischen Lieblinge zu sehen. Diese haben, nach dem Double Treble in den beiden vergangegen Spielzeiten, derzeit eine kleine »Krise« zu erleiden (das wird demnächst noch in einem ausführlicheren Schottland-Artikel ausgeführt). Die Bhoys scheiterten in der CL-Quali an AEK Athen, in der Liga haben sie in sieben Spielen schon zweimal verloren. Dazu kam in vielen Spielen eine langatmige und uninspirierte Spielweise und mitunter haarsträubende defensive Schwächen. Nichtsdestotrotz konnte Celtic das Auftaktmatch gegen den dritten Gruppengegner Rosenborg BK mit 1:0 gewinnen.
Red Bull Salzburg vs Celtic FC 3:1
Da auch Salzburg das erste Gruppenspiel gegen das »Bruderteam« aus Leipzig auswärts 3:2 gewonnen hatte, standen sich also die beiden Sieger des ersten Spieltags gegenüber. Der FC Salzburg gilt aber als (gar nicht so geheimer) Favorit auf den Gruppensieg. In der letzten EL-Saison war das Team des ehemaligen Bundesligaspielers Marco Rose bis ins Halbfinale der EL marschiert und erst an Olympique Marseille gescheitert. Dazu waren die Salzburger seit 13 Heimspielen in der Europa League ungeschlagen. Celtic musste also schon einen sehr guten Tag erwischen, um dort etwas mitzunehmen…
Aber jedes Spiel startet bekanntlich mit dem Spielstand von 0:0. Nachdem die Sonne untergegangen war und vom FC Salzburg extra aufgefahrene »Pipes and Drums« (eine typisch schottische Musikgruppe mit Dudelsäcken und Trommeln) die inoffizielle schottische Hymne »Flower of Scotland« intoniert hatten, zeigte sich Celtic davon vor den 24.000 Zusehenden höchst inspiriert. Denn es dauerte nur anderthalb Minuten bis Linksaußen Callum McGregor einen langen Ball auf Mittelstürmer »French Eddy« Odsonne Édouard schlug. Der nahm die Kugel an, ließ Salzburgs Verteidiger Ramalho ziemlich alt aussehen und brachte Celtic nach genau 1:36 Min. Spielzeit in Führung! Damit hatte niemand gerechnet, entsprechend ausufernd war der Jubel auf der von vielen Fans in Grün-Weiß besetzten Südtribüne.
Es folgte ein Spiel auf ein Tor, und zwar das von Celtic. Salzburg drückte und nistete sich vor dem Tor von Craig Gordon ein. Celtics Abwehr hatte ordentlich zu tun, befreiende Angriffe in Salzburgs Hälfte blieben aus und es dämmerten allen in Grün-Weiß, dass 88,5 Minuten eine verdammt lange Zeit sein können, wenn man diese im eigenen Strafraum verbringen muss…
Immerhin, bis zur Halbzeit war die Abwehrschlacht erfolgreich. Salzburg spielte sich zwar um den Strafraum fest, gute Abschlüsse blieben aber Mangelware und wenn es sie gab, wurden sie kläglich vergeben. Die Südtribüne feierte und sang ob der unerwarteten Auswärtsführung und das Stadion war »stimmungsmäßig« fest in grün-weißer Hand…
Mit 0:1 ging es in die Pause, und weil der Spielstand aus Celtic-Sicht so schön war, halten wir ihn hier für die Ewigkeit fest…
Aber wie das so ist mit den schönen Dingen im Leben: Sie sind oft nicht von Dauer. Auf der Insel hat man dafür den schönen Spruch »it was fun while it lasted«…
Nach der Pause ging es so weiter wie vor selbiger: Mit energisch vorgetragenem Salzburger Dauerdruck. Weitere 10 Minuten konnte Celtic standhalten, in der 55. Minute war der Traum vom Auswärtssieg beendet. Ein hoher Ball kam im Strafraum zu Hannes Wolf, der von Rechtsverteidiger Mikael Lustig nur halbherzig angegriffen wurde und in die Mitte zu Munas Dabbur passen konnte. Der hatte aus zwei Meter Entfernung keine Mühe, zum 1:1-Ausgleich zu vollenden.
Davon wurde der FC Salzburg erst recht angestachelt. Marco Rose hat ein Ensemble feiner Fußballer zusammen gestellt, die mit dem Ball umgehen können und davon nun reichlich Gebrauch machten. Die Celtic-Defensive verlor im schnellen Salzburger Passspiel zunehmend den Überblick, das 2:0 nur sechs Minuten später durch den agilen Takumi Minamino war die logische Konsequenz. Diesmal sah Innenverteidiger Jack Hendry nicht gut aus…
Pech kam dann auch noch dazu. In der 73. Minute sah James Forrest wg.Notbremse gegen Munas Dabbur die Rote Karte, er war aber eigentlich vorher von Dabbur gefoult worden. Den dazugehörigen Elfmeter verwandelte der Gefoulte zum 3:1-Endstand.
In Unterzahl war das Spiel naürlich sowieso gelaufen und die Bhoys traten ohne Punkte den Heimweg an. Letztendlich hatte sowieso kaum jemand mit einem Sieg in Salzburg gerechnet, die frühe Führung und die 45 Minuten erfolgreiche Abwehrschlacht hatten dann aber doch Hoffnungen geweckt. Umso größer die Enttäuschung im grün-weißen Lager…
Am 25.10. geht es in der EL weiter, Celtic muss dann auswärts bei den »Red-Bull-Brüdern« aus Leipzig antreten und im Grunde schon um den Einzug in die K.O.-Runde spielen…