Neues aus Schottland #24: Double Treble
»This is how it feels to be Celtic, Champions again as you know! Brendan Rodgers is here for ten in a row, ten in a row!« singt man auf der grünen Seite Glasgows. Und das zu Recht, denn die Saison endete triumphal für den Celtic FC, der zum 49. Mal Schottischer Meister wurde und den »Streak« auf »seven in a row« ausdehnte. Darauf und auf sonstiges Bemerkenswertes der Saison 17/18 werfen wir einen abschließenden Blick…
It‘s been dunky‘s since a last saw ye…
Es gab hier lange nix mehr über den Fußball in Schottland! In der nächsten Saison wird sich das Bloggen über den schottischen Fußball in diesem kleinen familiären Fußballblog ein wenig ändern, mit einer leicht modifizierten Form. Aber das hat ja noch ein paar Wochen Zeit…
Saison 2017/18, oder: »Champions again as you know!«
Die erneute Meisterschaft für Celtic ist natürlich genausowenig eine Überraschung wie eine ebensolche für Bayern in Deutschland. Im Vergleich zur Bundesliga ist Celtics Vorsprung von »nur« 9 Punkten nach 35 Spielen auf den Zweiten Aberdeen aber geradezu knapp.
Wenn von Deutschland aus auf die schottische Liga geschaut wird, dann natürlich stets unter dem »Celtic-vs-Rangers«-Fokus. Es hat halt (außer den aufmerksamen Leserinnen und Lesern dieses kleinen Fußballblogs) noch niemand mitbekommen, dass diese Zeiten seit 2012 vorbei sind. Die Geschichte des Rangers FC, der 54 mal Meister war, hat 2012 ihr Ende gefunden. Und der danach gegründete neue Klub gleichen Namens ist nur noch einer von vielen Vereinen in Schottland, die sich um die Plätze hinter Celtic balgen. Nichts demonstriert die diesbezüglichen Kräfteverhältnisse in Glasgow so schön wie das Spiel am viertletzten Spieltag der Saison, als Celtic mit einer 5:0-Packung (»Derby Demolition«) gegen die New Rangers die 49. Meisterschaft klarmachte:
Zusätzlich gewann Celtic auch noch den Pokal (2:0 gegen Motherwell) sowie (bereits im November 2017) den Ligapokal (ebenfalls 2:0 gegen Motherwell) und holte damit erneut das »Domestic Treble«. Als erstes Team in der langen Geschichte der 1890 gegründeten schottischen Liga holten die Bhoys mit ihrer saisonübergreifenden Serie von 69 ungeschlagenen Spielen dieses »Treble« in zwei Spielzeiten hintereinander.
Celtic fehlte in der abgelaufenen Saison, besonders ins Frühjahr hinein, ein wenig die Brillanz der Vorsaison. Was bei zwei »Domestic Trebles« hintereinander natürlich Jammern auf hohem Niveau und »ein Stück weit« (wie man heute so sagt) normal ist. Bekanntlich werden in Schottland die letzten 5 Spiele in einer getrennten Meister- und Abstiegsrunde ausgetragen. Von denen gewann Celtic »nur« zwei Stück und verlor sogar zweimal. Die Meisterschaft geriet trotzdem nie in echte Gefahr und in den Pokalendspielen war auf die Celtic-Leistungsträger stets Verlass. Meistertrainer Brendan Rodgers wird aber trotzdem genau hingeschaut und sich seine Gedanken in Sachen Kaderveränderung, insbesondere im Hinblick auf Europa und die CL-Quali, gemacht haben…
Saisonprognose vs Endergebnis
Volltreffer an der Spitze…
Zu Beginn der Saison gab es hier eine große Vorschau auf die Premiership mit einer schlauen Prognose in Sachen Endstand. Darum ist es allerhöchste Zeit, diese Prognose an der Realität des Endergebnis zu messen:
Endstand | Team | Prognose |
---|---|---|
1. | Celtic | 1. |
2. | Aberdeen | 2. |
3. | New Rangers | 3. |
4. | Hibernian | 5. |
5. | Kilmarnock | 9. |
6. | Hearts | 4. |
7. | Motherwell | 11. |
8. | St. Johnstone | 6. |
9. | Dundee | 10. |
10. | Hamilton | 12. |
11. | Partick Thistle | 7. |
12. | Ross County | 8. |
Die ersten Drei haben wir mit unserer geballten Kompetenz exakt so vorhergesagt.
Erneut war Derek McInnes’ FC Aberdeen die zweite Macht in der schottischen Liga, und das zum vierten Mal hintereinander. Ebenso erneut waren die »Dons« das mit deutlichem Abstand (diesmal »nur« neun Punkte) und hatten die ganze Saison über keine realistische Meisterschafts-Chance. Im Herbst 2017 hatten die Dons eine kleine Schwächephase, als wochenlang eine Abwanderung ihres Erfolgstrainers Derek McInnes zu den New Rangers im Raum stand, die dieser am Ende verwarf und lieber an der Nordostküste blieb. Was man durchaus als kluge Entscheidung werten darf, möglicherweise kostete das Theater aber die Chance auf die Meisterschaft…
Die große Schwäche des Aberdeen FC blieb die schlechte Bilanz gegen die beiden Klubs aus Glasgow. In je vier Versuchen gab es nur ein Remis gegen Rangers und einen Sieg gegen Celtic (am bedeutungslosen letzten Spieltag).
Was uns zu den New Rangers auf Rang 3 bringt. Eine Saison im Rahmen dessen, was man realistischerweise erwarten konnte und dementsprechend so vorhergesagt. In der unrealistischen Selbstwahrnehmung sehen sich die Blauen aus dem Westen Glasgows aber als potenziellen Meisterschaftskandidaten, so dass die Saison im Grunde nur enttäuschend enden konnte. In der Vorschau schrieben wir:
»Trainer Caixinha steht nach dem Europapokal-Desaster bereits unter Druck, sollte der Start in die Premiership misslingen könnte es gut sein, dass er schneller wieder weg ist, als seine Neuverpflichtungen brauchen, um sich einzuspielen.«
Und genau so kam es. Pedro Caixinha war im Oktober Geschichte, sein Nachfolger, U20-Coach Graeme Murty, war es am Saisonende. In der neuen Saison soll Liverpool-Legende (und Trainer-Newbie) Steven Gerrard die neuen Rangers mit einer »Rangers Revolution« an Celtic heranbringen. Wir werden sehen, wie das ausgeht…
Aufsteiger Hibernian aus der Hauptstadt Edinburgh spielte unter ex-Celtic-Coach Neil Lennon besser als erwartet, landete auf Rang 4 vor dem Lokalrivalen Hearts und spielte streckenweise den nach Celtic besten Fußball der Liga.
Nah dran im Mittelfeld…
Unerwartet stark präsentierte sich die »graue Maus« aus Kilmarnock. Mit einem Sieg aus den ersten 13 Pflichtspielen startete Killie katastrophal in die Saison und Trainer Lee McCulloch musste gehen. Nachfolger Steve Clarke stabilisierte die Mannen aus der alten Industriestadt und führte sie hinauf bis Rang 5, die beste Saison seit 2007. Hätte die Saison erst mit Clarks Übernahme Mitte Oktober 2017 begonnen, wäre Killie drei Punkte hinter Celtic auf Rang 2 eingelaufen. Verdientermaßen wurde Steve Clark von der schottischen Fußballpresse zum »Manager of the Year« gewählt. Eine ganz starke Saison von Killie, das haben wir nicht erwartet…
Langweiliger war die Saison dagegen für Heart Of Midlothian. Auch wenn Craig Leveins Mannen der Ruhm bleiben wird, Celtics »Unbeaten Run« mit einem deftigen 4:0 nach 69 Spielen beendet zu haben, wollten sie natürlich auf keinen Fall hinter Lokalrivale Hibernian landen. Dazu spielten sie einen schauderhaften Fußball und kamen auf einem unspektakulären sechsten Rang ins Ziel. Trainer Levein kündigte für den Sommer bereits den nächsten Kaderumbau an. Das machen sie nun schon drei Jahre hintereinander…
Über den FC Motherwell schrieben wir: »Die Abwehr ist wackelig und das Mittelfeld überaltert.« Eine Fehleinschätzung, denn mit einem soliden Mittelfeldplatz in der Liga sowie dem Einzug in beide Pokalendspiele (s.o., gegen Celtic) spielten die Männer von Coach Steve Robinson eine überraschend gute Saison.
Der FC St. Johnstone und der FC aus Dundee landeten im unteren Mittelfeld mit phasenweiser Abstiegsgefahr, was so zu erwarten war.
Völlig daneben in der Abstiegszone…
Richtig daneben lag unsere Prognose aber in Sachen Abstieg.
Der von uns auserkorene Topabstiegskandidat Hamilton Accies rettete sich so gerade über das Torverhältnis (punktgleich mit dem Vorletzten) auf Rang 10. Dauertrainer Martin Canning, seit 2015 im Amt, sitzt trotz der schwachen Saison fest im Sattel und plant nach zwei Spielzeiten hintereinander in der Abstiegszone einen personellen Umbruch…
Am Tabellenende finden wir die beiden großen Enttäuschungen der Saison, die wir so nicht erwartet hatten. Nach Rang 6 in der Vorsaison gewann das »Fußball-Hipster-Lieblingsteam« Partick Thistle (der dritte Klub aus Glasgow) nur achtmal in 38 Versuchen und landete auf dem vorletzten Platz. Der brachte die Relegationsspiele gegen den Sieger der Zweitliga-Play-Offs und damit den Abstieg. Denn Thistle verlor erstaunlich chancenlos gegen den FC Livingston (eine Trabantenstadt westlich von Edinburgh) mit 1:2 und 0:1 und muss nach fünf Erstligajahren den bitteren Weg in die zweitklassige Championship antreten…
Dieses Schicksal ereilte auch den Tabellenletzten Ross County (aus Dingwall am Loch Ness). Normalerweise sorgt dort der solvente Chairman »Uncle Roy« McGregor stets dafür, dass mit Verstärkung in der Wintertransferperiode etwaige Abstiegsgefahr zuverlässig vertrieben wird. Deshalb hatten wir die Staggies auch im unteren Mittelfeld erwartet. Aber diesmal funktionierte das nicht, nach einem guten Start rutschte das Team ans Tabellenende und kam dort trotz dreier Trainerwechsel nicht mehr weg…
Damit sind die schottischen Highlands nach dem Abstieg von Inverness in der Vorsaison nicht mehr in der ersten Liga vertreten. Bis auf Aberdeen an der Küste im Nordosten kommen in der nächsten Saison alle Erstligisten aus dem Larger Central Belt…
Spieler der Saison
Werfen wir zum Abschluss noch einen Blick auf interessante Spieler der Saison.
Top-Torjäger der Saison wurde mit 18 Treffern Kris Boyd aus Kilmarnock. Der 34-jährige wuchtige Stürmer, der nebenbei noch als TV-Experte und Kolumnist einer großen Boulevardzeitung arbeitet, war einer der Garanten für Killies gute Saison.
Dahinter finden wir die beiden Rangers-Stürmer Alfredo Morelos und Josh Windass mit 14 bzw. 13 Treffern, gefolgt von Kyle Lafferty (Hearts, 12) und Alex Schalk (Ross County, 11). Und dann erst mit Scott Sinclair (10 Tore) der erste Celtic-Stürmer. Da Celtic trotzdem 73 Tore erzielte, zeigt das die Kaderbreite des Meisters…
Zum offiziellen »Spieler des Jahres« wurde Celtic-Captain Scott Brown von den Profis der SPFL gewählt. In 51 von Celtics 61 Pflichtspielen stand der 32-jährige Kapitän der schottischen Nationalmannschaft auf dem Rasen und ging stets voran, insbesondere wenn es eng wurde. Eine gute Wahl!
Einer der neuen »Stars« der Saison war John McGinn von Hibernian. Der 23-jährige zentrale Mittelfeldspieler war Dreh- und Angelpunkt im Spiel von Neil Lennons Mannschaft und an 12 Toren beteiligt (wie dieses Fan-Video schön zeigt). Mit seiner wuchtig-aggressiven Art erinnert er an Scott Brown. Ein Vergleich, der ihm nicht gefällt. Nichtsdestotrotz wird McGinn mit einem Wechsel zu Celtic gerüchtet (sein Onkel Jack McGinn saß in der zweiten Hälfte der 80er im Celtic-Vorstand), zumal mit Stuart Armstrong ein starker zentraler Mittelfeldspieler Celtic Richtung England verlassen wird…
Ein weiterer auffälliger Spieler der letzten Saison ist in Karlsruhe ein alter Bekannter: Florian Kamberi. Der Schweizer, Teil der katastrophalen KSC-Absteigertruppe der Saison 16/17 (15 Einsätze, 1 Tor), kehrte nach dem Abstieg zu seinem Stammverein Grasshoppers zurück. Dort kam er nicht zum Zuge und wurde deshalb in der Wintertransferperiode an Hibernian ausgeliehen. Und unter der fachkundigen Anleitung von Trainer Neil Lennon startete der 23-jährige richtig durch: In 14 Pflichtspielen schoss er 9 Tore und gab 2 Vorlagen. Höhepunkt war der 3:1-Sieg der Hibs gegen Hamilton am 29. Spieltag. Kamberi erzielte mit einem Hattrick alle drei Tore! Das überzeugte Hibernian und deshalb verpflichteten sie ihn für die kommenden 3 Jahre und legten 100.000 Pfund auf den Tisch…
Nach der Saison ist vor der Saison…
Damit können wir die Saison 17/18 zu den Akten legen. Zum Abschluss gibt es ein hübsches Video der schottischen Liga SPFL, das einige der besten Momente der vergangenen Saison zusammengestellt hat und gleich wieder Appetit auf die nächste Saison macht. Am 4. August geht es wieder los…