Relegations-Nullnummer: KSC vs FC Erzgebirge Aue 0:0 – 18.5.2018
Das war es also, das heißerwartete erste Relegationsspiel: In einem grausigen (positiver ausgedrückt: »von der Taktik geprägten«) Match trennten sich der KSC und der FC Erzgebirge »Wismut« Aue 0:0. Was wohl »auf dem Papier« eher für das Auswärtsteam Aue ein »gutes« Ergebnis ist…
KSC vs FC Erzgebirge Aue 0:0
Endlich mal wieder was los im Wildpark! Wenn es um etwas geht, kommen sie in Karlsruhe aus ihren Löchern und wollen dabei sein. Erstmals seit der tragischen Relegation 2015 gegen den HSV war der Wildpark, was die heimischen Zuschauer angeht, ausverkauft.
Im Gegensatz zu früheren Gelegenheiten dieser Art war der KSC diesmal sogar darauf vorbereitet. Es gab genug Getränkestände, die Getränke gingen nicht zur Halbzeit aus, auch der Zugang klappte einigermaßen reibungslos. Geht doch!
Die Sonne schien und Fans waren gut gelaunt und hatten die Woche in ihren Lagerhallen und Scheunen für umfangreiche Bastelarbeiten genutzt. Die Gegengerade präsentierte ein über die ganze Platzlänge reichendes Spruchband mit einem zeitlos-launigen Wildpark-Bonmot, untermalt von in der spätnachmittäglichen Sonne glitzernden Folien in Blau und Weiß. Sehr hübsch!
Auch im Gästeblock ließ man sich nicht lumpen und brachte neben einer großen dekorativen Zeltplane auch Fähnchen in Violett und Weiß mit, die lustig in den Himmel geschwenkt wurden. Auch sehr hübsch!
Bevor es losging, erhielt der langjährige Torwart und Mannschaftskapitän Dirk »Orle« Orlishausen vom Verein einen Blumenstrauß und warme Abschiedsworte. Ein neuer Vertrag mit Anschlussperspektive wäre ihm lieber gewesen. Da selbiger ausblieb, entschied Orle sich, die Zelte in Karlsruhe abzubrechen und ab der nächsten Saison als Stand-By-Torwart und Torwarttrainer bei Hansa Rostock anzuheuern. Orle war seit 2011 beim KSC und lange Jahre der Stammtorwart. Und in der Katastrophensaison 16/17 der einzige Akteur (von den Erwachsenen), dem man seine Zerknirschtheit ob des sang- und klanglosen Abstiegs abnehmen konnte. Da sagen wir: Danke Orle für die vielen Jahre, und alles Gute!
Die Bühne war also bereitet für ein großes Fußballspiel. Nur: Das fand nicht statt. Dass Trainer Hannes Drews seine »Veilchen« auswärts nicht in ein Offensivspektakel schicken würde war klar. Für das Auswärtsteam im Hinspiel kann die Devise nur »nicht verlieren und vielleicht ein Auswärtstor machen« heißen. Und genau so spielten sie.
Etwas überraschend war aber die totale Defensivausrichtung des KSC. Trainer Alois Schwartz hatte sich in einer Woche Geheimtraining ausgedacht: »Wir spielen auf 0:0!« Man ließ, alle Feldspieler hinter dem Ball versammelt, die Auer im Mittelfeld ein wenig Ballbesitz genießen, riegelte die eigene Hälfte aber rigoros ab. Es erinnerte an das legendäre CL-Defensivfinale 2012 Bayern vs Chelsea unter di Matteo.
Die Blau-Weißen unterbanden so die Offensivaktivitäten der Erzgebirgler, hatten aber ihrerseits im gesamten Spiel keine richtige Torchance. Es war schon ernüchternd zu sehen, wie ganzheitlich gestandene Zweitligaspieler das hochgelobte KSC-Sturmduo Schleusener und Pourié über die gesamte Spielzeit abmeldeten.
So ist das Fazit über dieses Relegationshinspiel schnell geschrieben: Es war ein grottenlangweiliges Gekicke, das lediglich von der einem Relegationsspiel nun einmal grundsätzlich innewohnenden Spannung lebte. Als neutraler Zuschauer hätte ich mir das im TV garantiert nicht zu Ende angeschaut…
Die Lage
Was machen wir nun mit diesem 0:0 unter dem Gesichtspunkt »Aufstieg in die Zweite Liga«?
Die KSC-Akteure und die örtliche Presse feierten das Heim-0:0 als »Teilerfolg«. Was überregionale Medien eher erstaunt zur Kenntnis nahmen. In einem dpa-Text (hier bei fussballdaten.de) heißt es: »Besonders einverstanden schienen überraschenderweise vor allem die Gastgeber.« Und beim Sportinformationsdienst (hier bei T-Online) fällt man ein hartes Urteil (Zitat):
»Der badische Traditionsklub peilt trotz der eher schlechten Ausgangsposition zwar weiter den direkten Wiederaufstieg an – allerdings blieben die Karlsruher über weite Strecken den Nachweis ihrer Zweitliga-Tauglichkeit schuldig.«
Objektiv betrachtet ist das Ergebnis erst einmal ein klarer Vorteil für Aue, die »Europapokal-K.O.-Runden-Hinspiel-Logik« gilt auch in der Relegation. Es steht weiterhin 0:0 und die Entscheidung fällt vor eigener Kulisse, 1:0 daheim und man ist durch. Andererseits ist es für Aue auch ein gefährliches Ergebnis, denn wenn der KSC ein Tor erzielt, braucht Aue deren zwei.
Der KSC ist also auch nach dem 0:0 grundsätzlich alles andere als chancenlos. Die Offensivperformance im Hinspiel und die für ein Drittliga-Topteam erstaunliche Auswärtsschwäche (in 19 Versuchen gelangen den Blau-Weißen nur sechs Auswärtssiege, der Hauptgrund für den großen Abstand auf die Topteams FCM und SCP) lassen einen Auswärtssieg in Aue eher unwahrscheinlich erscheinen. In der gesamten Historie gelang es überhaupt erst einmal, in Aue zu gewinnen (2011 ein 2:0). Andererseits ist der KSC ein schwer zu bezwingendes Defensivbollwerk, so dass ein weiteres 0:0 und eine »Aufstiegslotterie« im Elfmeterschießen als realistische Option erscheint.
Die Relegationshistorie sagt: Es gab erst einmal ein 0:0 im Hinspiel (Kiel vs 1860 anno 2015), was nicht zum Aufstieg reichte. Andererseits ist bisher jeder Drittligist aufgestiegen, der im Hinspiel ein Auswärtstor des Zweitligisten kassierte. Ob »daheim auf 0:0« da die richtige Taktik war?
Wie dem auch sei, im Fußball ist alles möglich, und trotz des optimismusbremsenden Hinspiels haben die Blau-Weißen natürlich noch alles in der Hand. Von daher:
Auf Ihr Helden!