Angst essen Spielkultur auf: SV Sandhausen vs SpVgg Greuther Fürth 0:0 – 6.4.2018
Freitag abend, der plötzlich ausgebrochene Frühling und eine dramatische Tabellenlage motivierten dazu, ein weiteres Mal in das nahgelegene Sandhausen zu fahren und sich gepflegt ein wenig Zweite Liga anzuschauen. Diesmal war es aber eine zähe Angelegenheit, denn in einem mit zunehmender Spieldauer immer anstrengender anzuschauenden Match trennten sich der heimische SVS und die SpVgg Greuther Fürth hochverdient mit 0:0…
Zweite Bundesliga – Eine Liga in Angst…
Die Zweite Liga Anno 2018 ist hochdramatisch! Das Tabellenmittelfeld ist nicht existent, bereits ab Platz 6 beginnt der Abstiegskampf. Sechs Punkte trennen nach dem 29. Spieltag den sechstplatzierten Arminia Bielefeld und den Tabellensechzehnten 1. FC Heidenheim. Zwischen Rang 6 und Rang 15 (FC St. Pauli) sind es sogar nur 3 Punkte. Und bei einigen Vereinen, die sich vor der Saison selbst für ganz andere Tabellenregionen berufen fühlten, bricht mit der Möglichkeit eines Abstiegs in die Dritte Liga (und vor allem: den damit wegfallenden TV-Geldern!) der kalte Angstschweiß aus. Schöne Pläne von Stadionausbauten und Wohltaten wie die Musikschule im Stadion kann man sich abschminken, wenn man plötzlich in der Dritten Liga mit 8 bis 10 Mio. Euro weniger kalkulieren muss…
Die Konsequenz: Der Fußball ist ab sofort auf allen Plätzen hochgradig »ergebnisorientiert«, es ist nicht die Zeit für hohe Fußballkunst. Von den direkten Duellen der Vereine zwischen 6 und 18 endeten sechs Unentschieden, und dabei fielen nur kümmerliche 8 Tore. Vier davon alleine beim Spiel Ingolstadt vs Bielefeld, das aber trotzdem ein grauenvolles Gekicke inkl. Unmutsäußerungen des Publikums bot.
Die großen Sieger waren der VfL Bochum, der sensationell bei Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf gewann, und »Wismut« Aue, die den FC St. Pauli 2:1 besiegten und auf den 15. Rang herunterbeförderten. Drei Siege aus 13 Spielen sind für den ex-KSC-Trainer Markus Kauczinski auch nicht gerade eine Erfolgsgeschichte, beim Hamburger Vorreiterklub der Tradition und der 50+1-Politik hatte man auch andere Erwartungen an die Saison…
Klare Sache: Abstieg in die Dritte Liga ist ruinös, ab sofort hat das Einfahren von Punkten, und wenn es nur einfach ist, absolute Priorität bei allen Teams zwischen 7 und 18…
SV Sandhausen vs SpVgg Greuther Fürth 0:0
Und das konnte man auch in Sandhausen sehen. Der Hinrunden-Siebte aus dem Hardtwald ist in der Rückrunde ordentlich abgerutscht und mittendrin im dramatischen Abstiegsgeschehen. Vor allem schießt der SVS seit dem Winter-Abgang von Torjäger Lucas Höler an den »Gott des Geldes« in Form des Bundesligisten SC Freiburg kaum noch Tore. Kümmerliche 8 Stück waren es in den 11 Spielen des Jahres 2018…
Trotzdem brachten die Dramatik und das gute badische Frühlingswetter für Sandhäuser Verhältnisse eine ordentliche Kulisse von 6.000 Zusehenden in das Hardtwaldstadion.
Bei guter Stimmung in der Frühlingssonne ging es vielversprechend los. Schon nach 30 Sekunden hatten die Gäste einen Torabschluss. In der ersten Viertelstunde tobte das Spiel hin und her, auf beiden Seiten gab es gute Torgelegenheiten zu bestaunen. Darüber erschraken wohl beide Teams, dachten sich »viel zu gefährlich!« und unterbanden für den Rest des Matches die gegnerischen Aktivitäten Richtung Tor ziemlich effektiv…
Abnutzungskampf im Mittelfeld war nun die Devise, in Richtung Strafraum gab es kaum ein Durchkommen. Entsprechend waren halbgare Abschlussversuche aus der Distanz die einzigen Annäherungen an den Kasten mit Netz. Sandhausens Gislason hatte kurz vor der Pause noch einmal eine gute Chance, die die vielbeinige Fürther Abwehr aber unterband…
Während der zweiten Halbzeit wurden die Fürther mit dem einen Punkt immer zufriedener und parkten den berühmten Bus in die eigene Hälfte. Sandhausen wollte mehr (schließlich gab es vorher fünf Spiele keinen Dreier) und brachte weiteres Offensivpotenzial durch Wechsel auf den Rasen. Aber trotz einer optischen Überlegenheit war das Ergebnis in Richtung Tor zu harmlos. Ein Schussversuch landete auf dem Tribünendach, symptomatisch für dieses Spiel…
Fazit: Eine durchaus spannende und intensive, aber mit zunehmender Spieldauer in Sachen Spielkultur immer schwächer werdende Partie in gewohnt schöner Fußballatmosphäre im Hardtwaldstadion. »Angst essen Spielkultur auf« könnte man in Abwandlung eines zum geflügelten Wort gewordenen 70er-Jahre-Filmtitel konstatieren…
Diese Zweite Liga wird noch dramatisch werden. Auch für den nunmehr seit sechs Spielen sieglosen SVS, denn in den verbleibenden fünf Spielen müssen die Sandhäuser dreimal auswärts ran. Und das bei der Abstiegskampfkonkurrenz aus Duisburg, Heidenheim und Bielefeld…
- kicker-Spielbericht
- Liga Zwei – SV Sandhausen: Mit kleinen Schritten zum Klassenerhalt?
- RNZ – Zittert sich der SV Sandhausen zum Klassenerhalt?