Zürcher Groundhopp: FC Zürich vs Villarreal CF 1:1 – 24.11.2016
Wie Sie wissen, verehrte Leserinnen und Leser, halten wir den Europapokal für das wahre Ding in diesen Fußballzeiten. Deshalb ging der nächste Groundhopp zu einem interessanten Europa-League-Match nach Zürich, zur Gruppenpartie zwischen dem FC Zürich und dem Villarreal CF, zweier ehemaliger EL-Gegner der Fohlenelf.
Zusätzlich umgab das Spiel ein sanfter Hauch des Besonderen, denn der FC Zürich könnte das Kunststück fertig bringen, als erster Zweitligist in die K.-O.-Runde der Europa League zu ziehen. Nach einem 1:1 gegen das spanische Spitzenteam Villarreal ist das noch stets möglich…
FC Zürich
Der 12-malige Schweizer Meister FC Zürich brachte ein seltenes Kunststück fertig: Sie stiegen in der letzten Saison überraschend in die Challenge League ab, der zweiten Liga der Schweiz. Aber gewannen auch zum neunten Mal den Schweizer Pokal und sind damit in dieser Saison als Zweitligist für die Europa League qualifiziert.
Der Abstieg war ein harter Schlag für den 1896 gegründeten Traditionsverein. Es war eine chaotische Saison unter dem ex-Leverkusen-Trainer Samy Hyypiä und nach dem Abstieg stand besonders der schillernde Klubbesitzer Ancillo Canepa im Kreuzfeuer der Kritik. In der NZZ wird die Geschichte von Canepa und dem Abstieg nacherzählt.
Unter dem neuen Trainer Uli Forte hat sich der FCZ in der zweiten Liga stabilisiert. Nach 15 Spieltagen ist man noch ungeschlagen und fuhr 12 Siege ein. Und auch in der engen Europa-League-Gruppe L haben die Zürcher noch alle Chancen auf den Einzug in die K.-O.-Runde.
Der FCZ hat vielfältige Gladbach-Berührungspunkte: Trainer-Abgott Lucien Favre war vier Jahre beim FCZ tätig, der FCZ war in der Saison 14/15 Gegner in der Europa League, und Borussias Innenverteidiger Nico Elvedi lernte in der ausgezeichneten Jugend des FCZ sein Handwerk.
Villarreal CF
Der Gegner aus Villarreal war als aktuelles Topteam aus La Liga natürlich ein harter Brocken für einen Schweizer Zweitligisten. »El submarino amarillo« (das gelbe U-Boot) ist in den Jahren seit 2000 (bis auf einen Ausflug in die Zweite Liga in der Saison 12/13) ein Stammgast in den europäischen Wettbewerben. Immerhin dreimal ging es ins Halbfinale der EL, einmal sogar (2005/06) ins Halbfinale der Champions League.
Der Start in die aktuelle Saison war turbolent. Denn der Erfolgstrainer des Vorjahrs (Rang 4), Marcelino, trat Anfang August, kurz vor Saisonbeginn, wg. interner Meinungsverschiedenheiten überraschend zurück. Aber auch mit Nachfolger Fran Escobar läuft es in La Liga ausgezeichnet, Villarreal befindet sich tabellarisch bereits wieder in den Europapokalregionen.
Stadion Letzigrund
Heimstätte des FC Zürich ist das Stadion Letzigrund im Stadtteil Altstetten. Dieses Stadion ist vor allem berühmt für sein jährliches Weltklasse-Leichtathletik-Meeting und war auch Schauplatz der Leichtathletik-EM 2014. Für Fußballfans ist das nicht gar so schön, denn bekanntliche stört so eine Laufbahn um den Fußballplatz schon gewaltig.
2006 wurde der Letzigrund für die Fußball-EM 2008 vollständig umgebaut. Ursprünglich sollte eigentlich das zweite Stadion Zürichs, der Hardturm, Heimat des Lokalrivalen Grashopper Club, neu gebaut und Schauplatz der EM-Spiele in Zürich werden. Nach dessen Abriss kam es aber wg. allerlei lokalpolitischer Verwicklungen bis jetzt nicht zu einem Neubau, so dass innerhalb eines Jahres der Letzigrund umgebaut wurde und seitdem Heimstätte beider Zürcher Klubs ist.
Architektonisch ist der Letzigrund sehr gelungen. Ein Dach »schwebt« über dem Rund, und 31 Flutlichtmasten sind wie bei einer Geburtstagstorte rundherum auf dem Dach angeordnet und sehen bei Flutlichtspielen wirklich großartig aus. Etwa 25.000 Zuschauende finden in dem reinen Sitzplatzstadion Platz.
Matchday: FC Zürich vs Villarreal CF 1:1
Wie es sich für ein gutes Fußballstadion gehört, liegt es mitten in der Stadt und ist mit Bus, Straßenbahn, Zug oder einfach zu Fuß gut erreichbar. Ein Kurvensitzplatz für das EL-Spiel kostete 35 Franken (etwa 32 Euro), das liegt im normalen Rahmen. Schweiztypisch ist aber alles, was Essen und Trinken angeht, (zumindest für die Geldbörse des deutschen Groundhoppers) horrend teuer. Eine Portion Pommes kostet 6 Franken (etwa 5,40 EUR), Getränke (unter UEFA-Regime sowieso alle alkoholfrei) kosten ab 4 Franken aufwärts.
Nur 10.069 Fans wollten das Spiel sehen, darunter zwei Groundhopper aus Deutschland und FIFA-Präsident Gianni Infantino. Trotz des halbleeren Leichtathletikstadions gab es aber eine gute Stimmung, der prall gefüllte Fanblock, die berühmt-berüchtigte »Zürcher Südkurve«, veranstaltete einen ordentlichen Radau. Der FCZ und Villarreal waren in der Saison 2014/15 schon einmal Gruppengegner, damals gewann der FCZ das Heimspiel mit 3:2. Deshalb hatte die Südkurve zum Spielbeginn eine bunte Glitzer-Choreo unter dem Motto »Schoma gschlage – nomal schlah« (»Schon einmal geschlagen – noch einmal schlagen«) vorbereitet…
Im halbleeren und etwas kühlen Stadion ging es dann auch mit dem Fußball los. In der engen Gruppe kommt es auf jeden Punkt an, deshalb brachte Villarreal das aktuell stärkste Team auf den Rasen.
Der Favorit aus Spanien gab von Beginn an Gas und erzielte nach 14 Minuten aus einer Ecke das 1:0. Eine Ecke von Trigueros vollendete Bruno Soriano per Kopf zur Führung. Danach schaltete das gelbe U-Boot in den Verwaltungsmodus. Der defensiv eingestellte FCZ musste Gas geben, es fehlten aber die Mittel, um Villarreal wirklich in Gefahr zu bringen. Eher kamen die Valencianer durch Zürcher Abwehrschnitzer zu Chancen.
Kurz vor Schluss nahm das Spiel noch einmal Fahrt auf. FCZ-Coach Forte wechselte den Ex-Fürther und Bruder des gleichnamigen Wolfsburgers, Roberto Rodriguez, ein. Und der brachte noch einmal Schwung und traf in der 80. Minute das Lattenkreuz. Das war das Signal für die Zürcher Schlussoffensive, die in der 87. Minute erfolgreich war. Ruiz brachte Kone im Strafraum zu Fall, Rodriguez verwandelte den fälligen Elfer. Was mit einer prächtigen Pyro-Illumination gefeiert wurde…
Mit diesem Unentschieden und einer gleichzeitigen 1:2-Niederlage von Gruppen-Tabellenfüher Osmanlispor gegen Steaua Bukarest präsentiert sich die Gruppe L tabellarisch dramatisch. Die gesamte Gruppe befindet sich innerhalb eines Punkts!
Für die couragierte Leistung holten sich die Kicker des FCZ einen verdienten Applaus in der Südkurve ab…
Fazit: Es war zwar etwas kühl und etwas leer und etwas teuer im Letzigrund, aber ein spannendes Spiel und ein hübsches Stadion entschädigten die Besuchenden. Wenn Sie auch einmal den Letzigrund besuchen möchte, sollten Sie unbedingt ein Flutlichtspiel auswählen, denn da sieht das Stadion wirklich prächtig aus mit seinen 31 Flutlichtern…
Impressionen
[Hinweis für Leserinnen und Leser des RSS-Feeds: Dieser Beitrag enthält einen Haufen Fotos und andere Medien, die evtl. im RSS-Reader nicht richtig angezeigt werden.]