Zwiespältiger Europapokal-Feiertag: Borussia Mönchengladbach vs FC Barcelona 1:2 – 28.9.2016

Stadion

Das war es also, das große Spiel gegen den FC Barcelona in der Champions League. Més que un jogu! Neben unausweichlichen (etwas arg im Fokus stehenden) Borussen-Meta-Themen wie ter Stegens Heimkehr und Messis Verletzung wurde es tatsächlich auch noch im Umfeld mit einer Symbolwirkung für den steilen Aufstieg der Fohlenelf seit der Relegation in Bochum (immerhin nicht bis zur Vereinsgründung zurück!) überfrachtet. Letztendlich war es aber »nur« ein CL-Gruppenspiel gegen die höchstwahrscheinlich beste Mannschaft der Welt. Und es ging um Punkte.

Und mit einer zumindest 45 Minuten hervorragenden Leistung war die Borussia kurz davor, Punkte einzufahren. Wie aber bisher fast immer in der CL wurde die gute Leistung gegen einen »Großen« nicht mit Punkten belohnt, statt dessen gab die Fohlenelf das Spiel innerhalb weniger unaufmerksamer Minuten aus der Hand und verlor gegen den großen FC Barcelona 1:2…

Gespannte Erwartung und das große Messi-Unheil

Es lag eine große Erwartung in der Luft, als die Sonne über dem Nordpark unterging und die Glücklichen, die eines der 46.283 Tickets ergattern konnten, sich rund um den Borussia-Park versammelten. Irgendwie war alles voller als sonst, obwohl in der CL gegenüber normalen Bundesliga-Spielen eigentlich 10.000 Zuschauende weniger da gewesen sein müssten…

Die Prognosen reichten von »Heimsieg« bis »Packung«. Schon anderthalb Stunden vor Spielbeginn waren die offiziellen Spieltagschals ausverkauft. Offensichtlich waren alle heiß auf den großen Europapokal-Feiertag.

Bekanntlich fehlte der Größte von allen in Barcelonas Team, Leo Messi. Es scheint fast so, als bringe der ballreiter dem kleinen Ballgenie Unheil. Eigentlich ist Leo Messi eher selten schwerer verletzt, aber schon beim Groundhopp zum FC Barcelona vor fast einem Jahr fehlte La Pulga (»der Floh«) wg. einer Knieverletzung auf dem Rasen. Und nun sollte er eigentlich im Borussia-Park auflaufen und fehlte erneut. Somit bleibt »Leo Messi leibhaftig auf dem Rasen sehen« eine unvollendete Mission in des ballreiters Fußball-Leben…

Borussia vs FC Barcelona 1:2

Fußball wurde natürlich auch gespielt. Und der FC Barcelona fuhr mit Ausnahme Messis (s.o.) alles auf, was Rang und Namen hat. Die Abwehrrecken Piqué und Mascherano, der große Busquets im Mittelfeld, Rakitic, der geniale Iniesta und die brandgefährlichen Neymar und Suarez waren alle dabei. Das war schon eine Aufgabe für die Fohlenelf. Bei der Borussia feierte der nicht minder geniale Raffael sein (Kurz-)Comeback nach Verletzungspause, Traoré und Hazard kehrten in die Startelf zurück.

Und nach der orchestral-kitschigen Champions-League-Hymne stieß der FC Barcelona zum ersten Pflichtspiel der Historie gegen Borussia Mönchengladbach an…

Es folgte eine erste Halbzeit, die dem der Borussia zugeneigten Teil des Publikums gerötete Hände vom begeisterten Klatschen bescherte. Nach einigen Barça-Chancen in den ersten 20 Minuten (Suarez in der 11. Minute) fing sich die Borussia und attackierte die Angriffsmaschine der Blaugrana bereits im Mittelfeld. Die Fohlenelf eroberte Bälle, der groß aufspielende Raffael hielt sie und trug sie in Barças Hälfte. Manchmal setzte sich Raffael gegen drei oder vier Gegner vom Kaliber Busquets und Rakitic durch. Auf dem Flügel machte Korb Neymar nass, man traute seinen Augen kaum. Barças Abwehr musste Schwerstarbeit leisten, was ihnen aber auch meistens gut gelang, denn viele Torchancen bekam Borussia nicht.

Aber einmal kamen sie durch. Dahoud nahm Busquets am Mittelkreis den Ball weg, kickte ihn zu Raffael, der gemeinsam mit Dahoud in einem mörderischem Tempo auf das Tor des alten Borussen ter Stegen zulief. Am Strafraum passte Raffael zurück zu Dahoud, der den mitgelaufenen Hazard traumhaft anspielte. Der brauchte nur noch den Ball ins Tor schieben – 1:0 für die Borussia. Das Stadion war ein Tollhaus, der Abendhimmel öffnete sich und eine schwarz-weiß-grüne Sonne war zu sehen – die Welt und die Champions League stand der Borussia offen, denn sie führte gegen den großen FC Barcelona mit 1:0!

Das musste Barça erst einmal verdauen, so dass es mit der 1:0-Führung in die Pause ging. Der prinzipiell ergebnisoffene Charakter des Fußballsports macht vieles möglich, aber damit hatten die wenigsten gerechnet. Eine fightende Fohlenelf machte dem spanischen Meister das Leben schwer. Diesen Pausenstand müssen wir für die Ewigkeit (gut, wenigstens für die Lebensdauer dieses Servers) dokumentieren…

Dass Barça das so nicht akzeptieren würde, war absehbar. Zumal schon 3 Minuten nach Wiederanpfiff Raffael ausgewechselt werden musste und nun erst einmal wieder ausfällt. Raffael ist ein unauffälliger Typ, seine Genialität fällt nur dem Eingeweihten auf. Sie besteht auch darin, dass er als einziger Borusse in der Lage ist, eroberte Bälle auch unter schwierigen Bedingungen (z.B. wenn einem Busquets auf den Füßen steht) zu behaupten. Von daher war es genau der Ausfall, den Borussia trotz des »breitesten aller breiten Kader« nicht ersetzen kann.

Und das bekam die Fohlenelf zu spüren. Barça erhöhte nun den Druck, drängte die Borussia hinten rein, die sich das auch gefallen ließ und kaum noch Versuche zur Befreiung unternahm. Geklärte und im Mittelfeld eroberte Bälle kamen postwendend zurück und Barça bekam die Chancen. Dass es trotzdem bis zur 65. Minute dauerte, ehe der Ausgleich fiel, war der erstaunlichste Fakt der zweiten Hälfte. Neymar stellte mit einem Heber die gesamte Gladbacher Abwehr kalt, der eingewechselte Arda Turan agierte gedankenschneller als die Fohlenelf, rannte dem Ball hinterher und verwandelte mit einem Sonntagsschuss aus spitzem Winkel in der 65. Minuten zum 1:1. Elvedi gab ihm nur Geleitschutz, und an einem guten Tag hält Yann Sommer diesen Ball auch…

Nur 9 Minuten später war dann, wie fast immer in der noch kurzen Champions-League-Geschichte der Fohlenelf, auch der eine Punkt verspielt. Nach einer Ecke von Neymar stand Suarez unbehelligt im Rücken der Gladbacher Abwehr. Dessen festen Schuss ließ Sommer nach vorne abklatschen, und Piqué war schneller als der in dieser Situation etwas schläfrige Korb und schob zum 2:1-Siegtreffer ein.

Etwas zu spät (80. und 83. Minute) wechselte Schubert mit Herrmann und Hahn noch einmal frische Offensivkräfte ein, Chancen auf den Ausgleich gab es aber keine mehr. Applaus nach dem Spiel gab es trotzdem…

Nach dem Fest kam die große Ernüchterung, und das in nur 45 Minuten. In der zweiten Hälfte ließ sich die Fohlenelf (gegen ein zugegeben besser auftretendes Barça) viel zu stark in die eigene Hälfte zurück drängen und verlor ohne Raffael fast alle eroberten Bälle. Und lieferte dann bei beiden Toren noch kräftige Schützenhilfe, besonders beim 2:1. Nach dem Spiel gab es wie so oft in der Champions League lobende Worte vom »Mithalten« zur Belohnung. De facto steht Borussia aber nach zwei Spielen mit nur einem geschossenen Tor und 0 Punkten auf dem letzten Platz der Gruppe C.

Impressionen