Borussia: Breisgauer Bürde

Spielbetrieb

Letzter Besuch in Freiburg: 2009. Gewonnen wurde seitdem nicht… »Ich weiß nicht wieso ich Euch so hasse, Fußballspieler dieser Stadt…« würde das kickende Personal der Fohlenelf in Anlehnung an einen Tocotronic-Klassiker über eben jenes Freiburg auch dieses Mal sicher gerne singen. Denn auch im 9. Anlauf nach dem einzigen Bundesliga-Sieg in Freiburg am 23.3.2002 gab es mit einer an die Auswärtspleite der letzten Saison erinnernden 1:3-Niederlage für die Borussia nichts zu holen…

SC Freiburg vs Borussia Mönchengladbach 3:1

Es wird ja niemandem entgangen sein: Auch die diesjährige Reise in die sonnige südbadische Stadt mit den gefährlichen wassergefüllten Rillen in der Fußgängerzone endete ohne Punkte. Was ja durchaus einmal vorkommen kann. Bedenklich wird die Pleite durch die Art und Weise, wie sie zu Stande kam, und das eben jene Art und Weise exakt an die Auswärtspleitenserie der letzten Saison erinnert.

Trotz der vielen öffentlichen Reden vom »breiten Kader« und der Rotation wurde gar nicht rotiert. Lediglich Hazard kam für Hahn in die Mannschaft, ansonsten lief die siegreiche Leverkusen-Elf im sommerlich warmen Breisgau auf.

Die Borussia trat von Beginn pomadig auf und kam gegen bissig-aggressive zweikampfstärkere Freiburger fast gar nicht in deren Hälfte. Als dann Thorgan Hazard in der 35. Minute praktisch aus dem sprichwörtlichen »Nichts« heraus die 1:0-Führung für die Fohlenelf erzielte, schien der Fall klar: Das »Spitzenteam« Borussia spielt jetzt auch wie eines. Spielt sich im Mittelfeld gemächlich den Ball zu, lässt den Gegner ein bisschen laufen, schlägt dann zu und nimmt die Punkte mit!

Das sollte aber die Täuschung des Tages sein. Die wackeren Freiburger zeigten sich von der Gladbacher Führung unbeeindruckt und schwangen sich zu einer großen Leistung auf. Aggressiv und laufstark (am Ende waren die Freiburger 7 km mehr gelaufen) setzten sie die Defensive der Fohlenelf unter Druck und erspielten sich, unterstützt von einer fehlerhaften und zweikampfschwachen Borussen-Defensive, viele Torchancen. 17:5 Torschüsse war am Ende die Bilanz…

Symptomatisch für das Spiel war der Ausgleich in der 54. Minute durch den überragenden Maximilian Philipp. Philipp nahm eine Flanke von Grifo an und setzte sich gleich gegen vier(!) Gladbacher durch, die ihn nur halbherzig attackierten und nicht an einem sehenswerten Distanzschuss aus dem Fußgelenk hindern konnten…

Die Fohlenelf zeigte unter der Sonne Badens das Auswärtsgesicht der letzten Saison. Strobl war mit 29% Zweikampfquote im defensiven Mittelfeld ein völliger Ausfall, auch Jantschke, Elvedi und Christensen liefen in der Dreierkette von einer Verlegenheit in die nächste. Erstaunlich war, dass André Schubert sich das defensive Gestocher »einfach so« anschaute. In seiner Anfangszeit als Borussia-Trainer hätte er da wohl schon in der Halbzeit gewechselt, diese Zeiten sind vorbei…

So dauerte es bis zur 70. Minute, als Vestergaard für Hazard kam und mit der Umstellung auf eine Viererkette endlich Unterstützung für die wackelige Defensive kam. Danach sah es kurz so aus, als käme die Fohlenelf defensiv besser zurecht. Schon 7 Minuten später wechselte Schubert aber Herrmann für Elvedi ein. Borussia hatte wieder einen Defensiven weniger auf dem Rasen und kassierte 8 Minuten später das 1:2. Vier Borussen an der Strafraumgrenze schauten interessiert zu, als Petersen für Philipp per Kopf auflegte und locker den Führungstreffer erzielen konnte.

Nils Petersens post-olympische Elfer-Trauma-Therapie in der 88. Minute war dann die endgültige Entscheidung und ganz Südbaden lag sich in den Armen. Um es mit Tocotronics »Freiburg« zu sagen: »Und ihr demonstriert Verbrüderung…«

Fazit: Das war gar nix, ein pomadiger und zweikampfschwacher Auftritt führte zu einer verdienten Niederlage. Die Defensive anfällig, die Offensiv fast wirkungslos, dazu ein schwaches Coaching von der Trainerbank – diese Niederlage können sich Mannschaft und Trainer gleichermaßen ankreiden.

  • kicker-Spielbericht. Noten erwartungsgemäß nicht so gut, von 3 für Hazard bis zur 5,5 für den indisponierten Christensen. Strobl kommt mit seiner 4,5 zu gut weg, das war auch eher 5,5.
  • Seitenwahl – Miles and more. »Zum ersten Mal in dieser Saison vermisste man die Pässe von Xhaka und die Dribblings und schnellen Zuspiele von Dahoud.«

Die Lage: Zwischen Freiburg und Manchester

Mit dem Darmstadt-Spiel zum Saisonende und dem dann letztendlich doch überzeugenden Auswärtsauftritt bei YB in der CL-Quali glaubten alle, dass die Auswärtspleitenserie nun Geschichte ist. Die Freiburg-Pleite erinnerte aber fatal an die Auswärtspleiten der letzten Saison in Hamburg, Hannover, Ingolstadt oder Mainz. Mit Ausnahme des Darmstadt-Spiels, das aus dem normalen Bundesliga-Rahmen fällt (weil es aufgrund der Tabellenkonstellation am letzten Spieltag eher ein Freundschaftsspiel war), hat die Fohlenelf noch stets seit Ende Oktober 2015 bei Hertha in der Bundesliga nicht mehr auswärts gewonnen.

Ein Auswärtssieg bei Darmstadt, einer bei YB in der CL-Quali, dazu das Unentschieden bei Bayern – das waren die Auswärtshighlights der letzten 10 Monate. Da muss dringend dran gearbeitet werden, sich nur darauf zu verlassen, dass man zu Hause sowieso alles gewinnt, ist gefährlich…

Interessant sind auch die Personal-Aspekte mit der proklamierten und tatsächlichen Rotation. Natürlich sind bei Borussia alle immer zufrieden, auch wenn sie auf der Ersatzbank Platz nehmen und nur böse Medien bringen Unruhe, wie man so typisch »borussisch« im Schwarzweissgrün-Blog nachlesen kann. In Wirklichkeit wird sich aber ein Mo Dahoud natürlich seine Gedanken machen, wenn ein Strobl mit einer schwachen Leistung 90 Minuten drauf bleiben darf und Dahoud nicht einmal eingewechselt wird.

Wenn es bei Dahouds aktuellen Einsatzzeiten bleibt, kann man sich schon einmal auf seinen Abgang in einer der nächsten Transferperioden einstellen. Auch bei Hazard und/oder Hahn, beide in exzellenter Form und deshalb wohl bei fast jedem Bundesliga-Klub sichere Stammspieler, wird wohl irgendwann ein Nachdenkprozess einsetzen. Das zu moderieren wird eine schwierige Aufgabe für Schubert.

Das nächste Spiel ist das Auftaktspiel in der Champions League, auswärts bei Manchester City. Pep Guardiolas neues Team befindet sich in Topform, hat die ersten sechs Pflichtspiele in der Premier League und der CL-Quali alle gewonnen und dabei 17:4 Tore erzielt. Da wird die Fohlenelf motivierter auftreten müssen als die »organisierte Fanszene«, die erst 1.600 Karten gekauft hat. Und dabei sind sie doch stets herablassend-stolz auf ihre Auswärtsmassen, wenn sie im TV sehen dass für Wolfsburg oder Leverkusen nur 1.000 Fans auswärts mitfahren…

Das Freiburg-Spiel sollte für Manchester eine Rotation auslösen. ballreiter würde gerne mal wieder Dahoud, Hahn und Johnson in der Startelf sehen. Vor allem aber eine andere Einstellung, egal wer auf dem Rasen steht…