Boykott und Revanche: KSC vs SV Sandhausen 3:0 – 2.5.2016

Stadion

Zu ungewöhnlicher Stunde (Montag, 18:30 Uhr) und allerbestem Frühlings-Wetter ging es hinaus in den Wildpark zu einem weiteres Heimspiel des KSC um die »Goldene Ananas«. Im »kleinen Baden-Derby« ging es gegen den SV Sandhausen. Der KSC hatte aus der 1:3-Niederlage im Hinspiel noch etwas gut zu machen, hatten sie sich doch damals auf schlechtem Rasen im Regen von den Sandhäusern nach allen Regeln der Kunst niederkämpfen lassen. Das gelang, mit einer (zumindest über 30 Minuten) guten Heimleistung wurde der SV Sandhausen mit 3:0 besiegt.

Randaspekte: Der Boykott

Wegen des 1. Mai und der damit einhergehenden Beschäftigung der Polizei waren die Spielpläne der Bundesliga am Wochenende ordentlich durcheinander gewürfelt worden. Die DFL nutzte das weidlich aus, um einen Versuchsballon in Sachen »Montagsspiel in der Bundesliga« zu starten und setzte das Abstiegsduell Werder vs Stuttgart auf Montag 20:15 Uhr an. Ein Kollateralschaden dabei war das Montagsspiel der Zweiten Liga, eben KSC vs Sandhausen, dessen Beginn auf Montag 18:30 vorverlegt worden war.

Das wiederum erzürnte die so genannte »organisierte Fanszene«. So gaben sie in einem etwas krude formulierten und stilistisch an Texte der K-Gruppen an den Unis der 80er-Jahre erinnernden Aufruf bekannt, das Montagsspiel 60 Minuten lang zu boykottieren (Zitat):

»Wir werden unsere Stimme 60 Minuten lang nicht erheben um zu demonstrieren, wie der Fußball der Zukunft aussehen kann, wenn DFB, DFL und andere Bonzen den Fußball zum Event für Börsenmakler und Sektschlürfer machen wollen.«

Das hielten sie auch 60 Minuten durch. Der Ultra-Block auf der Gegengerade blieb leer (siehe folgende Bilder), und im leeren Block stand ein aus dem Stadion heraus unidentifizierbares Plakat, das sich im Nachhinein als Krankmeldung für den Arbeitgeber entpuppte, weil der Verein an einem Werktag spielt. Nach 60 Minuten kehrten sie in ihren Block zurück und begannen ihre üblichen Support-Prozeduren…

Im Gegensatz zum rheinischen Derby letztens gelang es dem Rest des Stadions nicht, sich vom Boykott der Vorsänger zu emanzipieren. Das in den ersten 60 Minuten sehr laue Spiel animierte auch nicht zu einem Old-School-Situations-Support, weil es kaum Situationen gab. So plätscherte das Spiel eine Stunde lang in einer Atmosphäre dahin, die eher an die Spiele der zweiten Mannschaft erinnerte.

Natürlich boykottieren die Ultras, um auf ihre Interessen, nämlich Spieltermine am Wochenende, damit man zu jedem Spiel fahren kann, aufmerksam zu machen. Das ist ihr gutes Recht. Was dabei stört ist die Selbstverständlichkeit, mit der sie den Anspruch erheben, für »die Fußballfans« zu sprechen. Das tun sie nämlich nicht. Und es ist auch die Frage, ob die Interessen einer Teilgruppe besonders lautstarker Fans der einzige und entscheidende Maßstab für die Spielplangestaltung sein müssen. Es gibt auch Leute, für die ein Spiel am Montag abend leichter zu besuchen ist als eines am Samstag um 13:00 Uhr. Und die Interessen des zahlenden Fernsehens sind, gerade in diesen Zeiten, in denen so mancher Traditionsverein einen beträchtlichen Teil seines Budgets aus TV-Geldern finanziert, auch durchaus legitim…

Das Spiel

Als die »Börsenmakler und Sektschlürfer« es sich vor den Fernsehgeräten bequem gemacht hatten, wurde auch Fußball gespielt. Da es für beide Teams um nichts mehr ging, gab es ein weiteres Spiel um die »Goldene Ananas«. Trainer Kauczinski wechselte in seinem drittletzten Spiel als KSC-Trainer erneut viermal in der Startelf. Thoelke, Krebs, Nazarov und Diamantakos durften von Beginn an ran. Sandhausens Trainer Schwartz schickte sein aktuell stärktes Team auf den Rasen. So warteten alle gespannt bei bestem sonnigem Fußballwetter auf ein interessantes Nordbaden-Derby.

Es ereignete sich aber: Nichts! Die erste Halbzeit hätte man getrost am Bierstand verbringen können. Das Spiel erinnerte fatal an an das Heimspiel gegen Paderborn letztens, es plätscherte in einer wg. des Boykotts nur vor sich hinmurmelnden Stadionatmosphäre so dahin. Die Akteure standen sich im Mittelfeld gegenüber, niemand ließ Strafraumaktionen zu. So gab es in der ersten Hälfte nur zwei Distanzschüsse des KSC (durch Nazarov und Gouaida) und nur eine brauchbare Chance für den SVS nach einem Fehlpass in der Karlsruher Defensive zu vermelden.

Nach der Pause ging es gerade so weiter. Bis in der 60. Minute, s.o., der Boykott beendet wurde und der »normale« Support begann. Das schien ein Weckruf für den KSC gewesen zu sein, den fortan bespielten sie den Strafraum der Sandhäuser mit mehr Tempo und Aggressivität. Besonders die rechte Seite mit Traut und Torres lief zu Hochform auf. Entsprechend fiel das 1:0 in der 68. Minute über genau diese Seite. Traut lief über den Flügel zur Grundlinie, flankte in die Mitte und spielte Mittelstürmer Diamantakos so an, wie man ihn anspielen muss, damit er trifft.

Der KSC gab nun Gas, und erzielte in der 84. Minute nach einer Ecke das 2:0. Trauts Ecke verursachte ein Durcheinander vor der Sandhäuser Torlinie, dass Prömel durch einen beherzten Schuss ausnutzte – 2:0!

Und damit noch nicht genug, vier Minuten später setzte der KSC mit einem großartigen Spielzug noch einen drauf, Diamantakos vollendete zum 3:0-Endstand.

Fazit: 30 Minuten war es ein gutes Spiel. Und der KSC zeigt auch in den sich in den letzten Wochen häufenden Spielen um die »Goldene Ananas« Siegeswille.

Weekly Vollath

»Der Sieg war wichtig, da es für den Verein auch um TV-Einnahmen geht.«

Gegenüber xtranews, wo es noch mehr Vollath gibt, u.a. auch verständnisvolle Worte für den Protest.

Die Lage

Das vorletzte Spiel der Ära Kauczinski findet am kommenden Sonntag bei RB Leipzig statt. Und auch dafür gibt es einen passenden Boykott der »organisierten Fanszene«. Statt dessen gibt es ein »Traditionswochenende« mit Spielen der U19 und der zweiten Mannschaft sowie ein Picknick auf dem traditionsreichen Engländerplatz. Wie romantisch!

Neben dem Platz sorgen vor allem die Personalfragen für die nächste Saison für Aufsehen. Bekanntlich wird es mit Tomas Oral einen neuen Trainer geben. Und das Gesicht der Mannschaft wird sich wieder einmal stark verändern, zu den bekannten Abgängen gesellen sich nun noch Meffert, Peitz und Gordon. Bei Gulde wird mit einem Abmarsch in Richtung Bundesliga gerechnet.

Die Skepsis in Richtung nächste Saison ist am Wildpark deutlich zu spüren. Deshalb sollten alle die beiden letzten Spiele lieber noch einmal genießen. Es ist im Grunde ein Jammer, Trainer Kauczinski hat es auch dieses Mal geschafft, die Baustellen (die Defensive in der Hinrunde, die Offensive in der Rückrunde) im Team nach und nach zu schließen und der KSC spielt mit nunmehr 27 Punkten aus 15 Spielen eine sehr gute Rückrunde. Die Mannschaft hat sich gut entwickelt, und würde alles bleiben wie es ist, könnte man optimistisch in die nächste Saison gehen…

Impressionen