Schiffbruch am Maschsee

Spielbetrieb

»Maschsee« (Roswitha Schlüter auf flickr, CC BY-NC-ND 2.0). Das Stadion von Hannover 96 liegt idyllisch am Maschsee… Dass im Maschsee, einem idyllischen Gewässer in Hannover, jemals ein Dickschiff gesunken ist, ist wohl eher unwahrscheinlich. Im idyllisch an dem putzigen See gelegenen Niedersachsenstadion (oder »HDI-Arena«), der Heimstatt des designierten Bundesliga-Absteigers Hannover 96, gab es aber gestern abend einen Schiffbruch zu bewundern. Denn den erlitten mit einer 0:2-Niederlage Borussia Mönchengladbachs Champions-League-Ambitionen…

[Foto: »Maschsee« auf Flickr, CC BY-NC-ND 2.0 von Roswitha Schlüter. Danke!]

Hannover 96 vs Borussia 2:0

Zur Gladbacher Auswärtsmisere (8 Auswärtsspiele ohne Sieg hintereinander) wurde anlässlich der letzten Niederlage in Ingolstadt im Grunde alles geschrieben. Das Spiel beim bisher desolat aufgetretenen Tabellenletzten Hannover 96 (die 96er hatten sogar einen alten Heimpleitenrekord von Tasmania Berlin »verbessert«) wurde allenthalben dazu auserkoren, die Auswärts-Wende zu bringen. Denn wo sollte man auswärts überhaupt gewinnen, wenn nicht am Maschsee? Das ging soweit, dass Xhakas Gelbsperre als »in diesem Spiel nicht so schlimm« erachtet wurde. Wie sollte man sich täuschen…

Da sich Jantschke beim Aufwärmen verletzte, rückte erstmals seit dem HSV-Heimspiel im September Martin »Der Babo« Stranzl wieder in die Startelf. Er spielte in der Dreierkette, Christensen rückte dafür neben Dahoud ins defensive Mittelfeld. Außerdem kehrte Raffael nach einer Verletzungspause in die Startelf zurück.

Hannovers neuer Trainer Daniel Stendel, optisch mit seinem Hoodie wie ein Kettcar-Roadie wirkend, ließ wieder seine mit einem 2:2 bei Hertha erfolgreiche verjüngte Mannschaft los und hatte gut aus diversen Gladbacher Auswärtsspielen gelernt, dass man die Fohlenelf mit Pressing und körperlichem Spiel im Mittelfeld relativ leicht bespielen kann.

Und genau so ging das Spiel los. Hannover presste »breit« gegen die Borussia, die darum öfter die Dreierkette in eine Viererkette umwandeln musste und im Mittelfeld einfach nichts Offensives gebacken bekam. Es dauerte 27 Minuten bis zum ersten halbwegs gefährlichen Torschussversuch der Borussia durch Johnson.

Ansonsten gab es viele Querpässe der Fohlenelf zu bewundern. Oft eroberte die deutlich aggressiveren 96er dabei den Ball im Mittelfeld und setzten zu eigenen Angriffen an. Und hatten die gefährlicheren Chancen. Die halbzeitliche Torschussbilanz konstatierte ein 4:3 für Hannover und ein schwaches Spiel der Borussia, das konnte in HZ 2 nur besser werden.

Die Hoffnungen auf Besserung schwanden aber schnell. Dass direkt die erste Gladbacher Ballberührung in der zweiten Halbzeit ein fetter Fehlpass im Mittelfeld war, sollte ein Zeichen für das Kommende sein.

Das begann schon in der 49. Minute. Der Schiedsrichter(!) leitete durch »Herumstehen an der falschen Stelle« einen Angriff für Hannover ein. Der junge Noah-Joel Sarenren-Bazee machte auf der rechten Außenbahn nacheinander Christensen und Wendt nass und flankte kraftvoll in den Strafraum, wo der nicht minder junge Waldemar Anton Borussias Keeper Sommer alt aussehen ließ und zwischen Torwart und Pfosten hindurch ins Tor traf – 1:0 für Hannover!

Und das just in dem Moment, als aus dem hinter dem Tor gelegenen 96-Fanblock zur Feier des 120-jährigen Vereinsjubiläum grüner Nebel die Szenerie anreicherte, besser geht es kaum. Wenn man Fan von Hannover 96 ist…

Wer nun einen Gladbacher Sturmlauf zur Vermeidung einer weiteren Auswärtspleite erwartete, sah sich getäuscht. Denn vielmehr wurde Hannover immer stärker, die Fohlenelf ließ sich ein weiteres Mal auswärts »den Schneid abkaufen«.

Entsprechend fiel in der 60. Minute mit dem 2:0 die Entscheidung. Nach einem Pfostenschuss von Karaman (der in aller Ruhe den Ball annehmen und sich noch einmal drehen konnte) schauten alle Borussen dem abprallenden Ball interessiert hinterher, Sobiech sagte »Danke« und netzte ein…

Borussia mühte sich nun etwas mehr, der eingewechselte Traoré brachte etwas mehr Willen ins Spiel. Erst in der 86. Minute gab es eine gute Chance, als Raffael einen Kopfball nach einem Traoré-Freistoß gefährlich vor das Tor brachte.

Das war aber zu wenig zu spät. Borussia verliert verdient beim Tasmania-Rekorde einstellenden Tabellenletzten Hannover 96 mit 0:2 und steht nun mit 9 sieglosen Auswärtsspielen hintereinander da. Und darf sich nach diesem Auftritt Fragen nach der eigenen Einstellung gefallen lassen, denn erneut präsentierte sich das Team (besonders im Mittelfeld) als »Schönspieler«, die sich von kämpfenden Opponenten in schöner Regelmäßigkeit den »Schneid abkaufen lassen«…

Die Lage

Nach diesem Schiffbruch am Maschsee kann die erneute CL-Quali, trotz des in dieser Saison hinter Bayern und Dortmund fast schon mitleiderregend miesen Niveaus der Bundesliga, wohl zu den Akten gelegt werden.

Vielmehr steht das Team nun im nächsten Heimspiel gegen Hoffenheim wieder ordentlich unter Druck und muss einen Heimsieg einfahren, um wenigstens die Chance auf das »wahre Minimalziel« (das Einstelligkeits-Gerede nehme ich nicht ernst), den EL-Platz, zu wahren. Wenn Hoffenes Nagelsmann gegen Ingolstadt und Hannover aufgepasst hat, wird er wissen, wie man Borussia schlagen kann…

In Social Media und Foren macht nun wieder das »Schubert raus« die Runde. Das ist aber viel zu billig. Das wäre dann der zweite Trainer in einer Saison, den das in dieser Saison für satte 39 Mio. Euro »verstärkte« Team »geschafft« hätte. Und das würde dann Fragen aufwerfen in Sachen Spielermentalität, Kader und dessen Planung, die über die reine Trainerpersonalie hinaus gingen…