Schottisches Nordbadenderby: SV Sandhausen vs KSC 3:1 – 20.11.2015

Stadion

Sie kennen das vielleicht, verehrte Sportsfreundinnen und Sportfreunde. Dieses manchmal aufflackernde Gefühl, der Mannschaft, die Sie regelmäßig anschauen, »Unheil« zu bringen. Aus Gründen verpasste ich die beiden glorreichen Siege des KSC gegen Kaiserslautern und den VfL Bochum vor der Länderspielpause. Gleich zwei von nur drei Karlsruher Siegen aus den letzten 11 Spielen…

Gestern abend lockte aber das nordbadische Derby beim SV Sandhausen, also nichts wie hin. Und prompt gab es die erste Niederlage seit dem 7. Spieltag – mit 3:1 schickte der SV Sandhausen den Karlsruher SC heim!

Schottische Fußballatmosphäre in Nordbaden

Der SV Sandhausen ist bekanntlich (neben dem 1.FC Heidenheim) das Synonym für den Schrecken der Zweiten Liga. Wann immer ein von Missmanagement und -erfolg gebeutelter Traditionsklub der Bundesliga am Tabellenende herumkriecht, kommt einer der enorm lustigen Vögel der Sportjournaille an und schreibt/sagt etwas in der Art wie: »Ob der Busfahrer von [hier leicht heruntergekommenen Erstligisten einsetzen] in sein Navi schon Sandhausen einprogrammiert hat?«

In Wahrheit hat sich der SV Sandhausen in der Zweiten Liga prächtig entwickelt. Und hat ein schmuckes britisch anmutendes Stadion im Hardtwald stehen: Rasen, vier Tribünen nah am Spielfeld an jeder Seite, fertig! Wenn dann, wie es in der putzigen Vereinshymne heißt, am Hardtwald alle Geister beschworen werden und es auch noch (wie gestern) ein Flutlichtspiel im strömenden Regen gibt, kommen fast schottische Fußballgefühle auf und man wähnt sich in Dundee oder Hamilton.

Bild: Regen in Sandhausen

Jener Regen hatte sich schon den ganzen Tag auf das Spielfeld ergossen und es war klar, dass das kein Match für »Hacke, Spitze, eins-zwei-drei« geben würde. Außerdem spielt der SV Sandhausen diese Saison herausragend, ohne die drei Punkte Abzug wg. Lizenzierungsvergehen wäre der SVS nach dem 14. Spieltag einen Punkt hinter der Tabellenspitze gewesen. Somit wäre dieses Auswärtsspiel auch unter anderen (sonnigeren) Bedingungen eine schwere Aufgabe für den KSC gewesen.

Das Spiel

Trainer Markus Kauczinski hielt sich an die altbewährte Fußballweisheit »Never change a winning team!« und brachte wieder das gegen Bochum siegreiche Team auf den Rasen. Nach der in diesen Zeiten obligatorischen Gedenkminute legte der KSC in den ersten Minuten gut los. Ließ sich aber mit zunehmender Dauer der ersten Halbzeit von den auf dem nassen und schlammigen Geläuf wild entschlossen fightenden Sandhäusern »den Schneid abkaufen«, wie Reporter immer so schön sagen. Und zeigte wieder Defensivschwächen wie in der Sieglos-Phase in der ersten Hälfte der Hinrunde. Fast jeder im eigenen Strafraum geklärte Ball wurde im Mittelfeld gegen die viel aggressiver auftretenden Sandhäuser umgehend verloren und kam postwendend auf das eigene Tor zurück. Ein unbeteiligter Zuseher hätte sich sicher gefragt, wie dieses Karlsruher Team so 7 Spiele ungeschlagen war und dabei nur 3 Gegentore kassiert hatte…

Entsprechend fiel so in der 14. Minute das 1:0 für den SVS. Ein von Orlishausen (etwas missglückt) mit einer Bogenlampe geklärter Eckball wurde an der Strafraumgrenze wieder an den Sandhausener Linsmayer verloren. Der konnte den Ball gegen zwei Karlsruher in der Rückwärtsbewegung kontrollieren(!) und haute ihn von der Strafraumgrenze ins Tor. Nach 375 Minuten ohne Gegentor war Orlishausen wieder geschlagen, und das 12 Minuten vor einem persönlichen »Clean Sheet«-Rekord…

Und genau dasselbe beim 2:0: Wieder wurde ein geklärter Eckball umgehend verloren, Kosecki wurde im Strafraum von drei Mann angegangen und Peitz fällte ihn – Elfmeter für Sandhausen. Was die auf dieser Seite stehenden Karlsruher Auswärtsfans so in Rage brachte, dass sie den Strafraum mit teuren Bierbechern (2 Euro Pfand!) eindeckten. Schiedsrichter Dankert hatte aber die Ruhe weg und ignorierte den Becherregen. Ebenso Bouhaddouz, der den Elfer trotz fliegender Becher sicher verwandelte – und sich dann zu einer Jubelaktion vor dem Karlsruher Fanblock hinreißen ließ, um sich für die Bierbecher zu bedanken. Noch mehr Bierbecher waren das Ergebnis…

So ging es in die Pause. Kauczinski reagierte zur zweiten Halbzeit und brachte mit Hoffer und Prömel für Yamada und Krebs zwei neue Leute. Mittelstürmer Diamantakos hatte in der ersten Halbzeit keinen Ball gesehen, ein zweiter Stürmer sollte da wohl mehr Gefahr bringen. Der KSC bemühte sich nun, auf dem zunehmend zur Seeenplatte mutierenden Rasen mit mehr Willen in die Zweikämpfe gegen Sandhausen zu gehen. Nennenswerte Torchancen kamen aber nicht zu Stande.

Im Gegenteil, in der 66. Minute wurde wieder einmal ein Ball im Mittelfeld von Nazarov nachlässig verloren, Bouhaddouz konnte Stoll mühelos überlaufen und den Ball zu Zillner spielen, der zur 3:0-Entscheidung einnetzte.

Der KSC wurde daraufhin endlich zielstrebiger und torgefährlicher und hatte gute 10 Minuten. In der 69. Minute wurden sie entsprechend mit dem 3:1-Anschlusstreffer durch Torres belohnt. Und einem Abseitstor durch Hoffer in der 71. Minute. Mehr gelang aber nicht mehr, Sandhausen verteidigte den Vorsprung über die Zeit und gewann hochverdient 3:1.

Der KSC hat das Spiel vor allem in der defensiv nachlässigen ersten Halbzeit verloren. Kauczinskis und Todts Einschätzungen zum Spiel sind für meinen Geschmack ein wenig zu »schönrednerisch«. Der Rasen war auch für Sandhausen tief und nass, sie verstanden es aber, sich in ihrer Spielweise darauf einzustellen und ein »schottisches Kampfspiel« draus zu machen, in dem sie den Karlsruhern insbesondere in der ersten Halbzeit kämpferisch klar überlegen waren.

Trotz der Niederlage war es aber ein stimmungsvoller Fußballabend mit einem kurzweiligen Regenfight in Flutlichtatmosphäre in Sandhausen. Und gutes Karlsruher Hoepfner-Bier gibt es dort auch zu trinken. Aber wahrscheinlich brachte der Besuch »Unheil« und mobilisierte die »Geister aus dem Hardtwald«…

Bild: Flutlichtspiel

Bild: Fanshop Bild: Gedenkminute Bild: Regenschlacht Bild: Sanis Bild: Hardtwaldstadion Bild: Rudelbildung

Bild: Flutlichtspiel