Katalanischer Groundhopp: FC Barcelona vs Villarreal CF 3:0 – 8.11.2015
Nachdem der letzte Groundhopp in die Nachbarschaft ging, stand im Rahmen eines kleinen Herbsturlaubs in Barcelona das totale Kontrastprogramm an: Ein Hopp in das lt. Wikipedia drittgrößte Fußballstadion der Welt, das Camp Nou, Heimat des großen FC Barcelona. Am 11. Spieltag von La Liga stand das Match gegen den Villarreal CF auf dem Plan, der noch bestens bekannt ist aus den Europa League-Spielen gegen Borussia in der letzten Saison.
Camp Nou
Das weltberühmte Stadion des FC Barcelona befindet sich im Stadtviertel Les Corts zwischen der Universität und einem Wohnquartier.
Dem Groundhopper ist angeraten, an den Tagen vor dem Spiel dort schon einmal hin zu fahren und für 23 Euro auf die Stadiontour zu gehen. Das ist zwar nicht gerade ein Schnäppchen, lohnt sich aber. Und wenn man schon mal beim Geld ausgeben im internationalen Superstar-Kommerz-Fußball ist…
Dafür kann man dann das üppig mit Pokalen, Exponaten (Originaltrikots von Vereinslegenden wie Cruyff, Maradona und natürlich Messi) und Multimediagedöns ausgestattete Museum anschauen. Selbiges ist übrigens das meistbesuchte Museum in der an Museen nicht gerade armen Stadt Barcelona.
Und vor allem kann man eine Tour durch das gewaltige Stadion machen und es sich in aller Ruhe anschauen. Dabei kann man über einen mit Band abgesteckten Parcours frei durch das Stadion laufen. Es gibt verschiedene Tribünenperspektiven, Räume in den Katakomben wie die Gästekabine, die »Mixed Zone« oder die Arbeitsplätze der Reporter zu bewundern. Und man schreitet durch den Spielertunnel an den Rand des Spielfelds und kann sich dort an dem ziemlich gigantischen Anblick des Stadions weiden. Auf Bildern kommt nur unzureichend rüber, wie groß dieses Stadion ist. Von außen ist es zwar ein großes Gebäude, aber das sind ja alle großen Stadien. Im Innenraum vom Rasen aus aber türmen sich die steilen Tribünen gewaltig in den blauen Himmel Kataloniens.
Es empfiehlt sich, den Besuch an einem Wochentag durchzuführen, es ist stets ein ordentlicher Auftrieb von Besuchern aus aller Herren Länder auf der Stadiontour.
Insgesamt ist das Stadion wenig prunkvoll, es macht einen funktionalen, teilweise leicht heruntergekommenen Eindruck. Aber das macht ja den Charakter eines solchen Stadions aus…
FC Barcelona
Der FC Barcelona ist natürlich einer der »Big Players« des globalisierten Fußballkapitalismus, mit Millionen von Anhängern und »Kunden« in aller Welt. Andererseits aber auch enorm in der Bevölkerung Barcelonas als der Verein Kataloniens verankert. In den Wohnvierteln der Stadt hängen an sehr vielen der für Barcelona typischen kleinen Balkons Fahnen des FC Barcelona und von Katalonien. Bei einem Ticketpreis von 50 Euro aufwärts für ein Spiel gegen Villarreal ist ein Stadionbesuch aber ein derart teures Vergnügen, dass viele einheimische Fans die Spiele eher selten im Stadion verfolgen werden…
Sonst braucht man über den FC Barcelona keine großen Worte verlieren. Der amtierende Champions-League-Sieger und vielfache spanische Meister verfügt über eine mit teuren Superstars gespickte Mannschaft und ist jedes Jahr einer der Topfavoriten in jedem Wettbewerb. Und dank laola1.tv kann man die Spiele der spanischen Liga auch in Deutschland gut und umfassend verfolgen.
Der »superste« der Superstars ist natürlich Leo Messi. Und ausgerechnet der war zum Groundhopp-Termin verletzt. »La Pulga« laborierte noch stets an seinem am 6. Spieltag gegen Las Palmas erlittenen Innenbandriss. Gutes Timing…
Matchday
Am Spieltag strömten die Fans (und Stadiontouristen) in das mit öffentlichen Verkehrsmitteln erstaunlich entspannt zu erreichende Stadion. Marodierende Fanhorden und Gesänge hört und sieht man keine. Am großen Fanshop vor dem Stadion, in einer kleinen Straße mit Verkaufsbuden vor dem Stadion gelegen, herrscht eher Shopping-Atmosphäre. Und überall werden Fotos gemacht. Selfies, Fremdies, Stadionfotos - alles dabei.
Wie in Schottland ist es nicht üblich, sich vor und nach dem Spiel länger als nötig im Stadion aufzuhalten. Das Stadion füllt sich erst in den letzten 10 Minuten vor Spielbeginn. Vor dem Stadion gibt es zwar einen Biergarten, ab drei Stunden vor Spielbeginn gibt es dort aber nur noch alkoholfreies Bier. Und es gibt praktisch keine Polizei zu sehen. Was sicher auch daran liegt, dass es in Spanien nicht üblich ist, zu Tausenden zu Auswärtsspielen zu reisen.
Das Spiel
In der schönsten katalanischen Novembersonne ging es dann los. Heimspiele des FC Barcelona laufen oft nach dem selben Muster ab: Die Gastmannschaft verteidigt aus Leibeskräften, um die Offensivmaschinerie des FCB aufzuhalten. Und wird dann irgendwann in der zweiten Halbzeit müde und kassiert die Gegentore.
So war es beim Spiel gegen Villarreal auch. Die Barça-Angriffsmaschinerie lief nur langsam an. So kam der CF, als Tabellenfünfter nach Barcelona gereist, durchaus auch mit Offensivaktionen in die Hälfte des FCB, tauchte aber nur selten gefährlich vor dem Tor von Claudio Bravo auf. Dieser steht bei Spielen in La Liga stets im Tor, unser alter Gladbacher Torwartheld Marc-Andre ter Stegen sitzt deshalb bekanntlich in La Liga immer auf der Bank und kommt »nur« bei Champions-League- und Pokal-Spielen zum Einsatz.
Barça kämpfte sich langsam in das Spiel hinein, Schiri Carlos Clos Gomez verteilte dafür freigiebig Gelbe Karten (5 mal für Barça, 3 mal für Villarreal), was das Publikum einigermaßen erzürnte und Schiri Clos Gomez Sprechchöre »amigo madrileño« und ein Pfeifkonzert zur Halbzeit einbrachte.
Wenn man da so im Publikum sitzt hat man das Gefühl, es wären nur Selfies produzierende Stadiontouristen anwesend. In der Minute 17:14 jeder Halbzeit eines Barça-Heimspiels (wg. des 11. Septembers 1714) aber werden Tausende katalanische Fahnen hochgehalten und das Stadion skandiert lautstark »in, inde, independència« (»Unabhängigkeit«). Es sind also in der Tat auch reichlich Einheimische im Stadion. Und es zeigt sich auch hier, dass die Identifikation der Katalanen mit dem FCB weit über eine »normale« Anhängerschaft zu einem Profi-Fußballklub hinaus geht. »Mes que un club« (dt. »mehr als ein Verein«) steht nicht umsonst in Riesenlettern in die Sitzreihen der Gegentribüne geschrieben.
Zurück zum Geschehen auf dem Rasen, in der zweiten Halbzeit legte der FCB eine Schippe drauf. Was so genau richtig war, saß Team Ballreiter doch genau hinter dem Tor, auf das Barça in Halbzeit 2 spielte. Es gab nun Chancen im Minutentakt, und in der 60. Minute fing Busquets einen von Villarreals Abwehr schlampig geklärten Ball im Mittelfeld ab und spielte mit einem weiten Ball den an der Abseitsgrenze lauernden Neymar an, der zum 1:0 verwandelte.
Zehn Minuten später fällte Villarreals Costa den heranstürmenden Messi-Ersatz Munir im Strafraum – Elfmeter. »Beißer« Luis Suarez verwandelte zum 2:0.
Und dann, in der 85. Minute, das Tor, für das sich der Groundhopp schon alleine lohnte. Suarez flankte vom linken Flügel in den Strafraum. Neymar stoppte den Ball mit der Brust, ließ ihn auf seinen rechten Fuß abtropfen und lupfte den Ball im hohen Bogen um den verdutzten Gegenspieler herum. Dabei drehte er sich um die eigene Achse und stand dann genau da, wo der gelupfte Ball herunter fiel und schoss diesen ansatzlos ins Tor – 3:0. Der reine Wahnsinn, und das genau vor unserem Block! Nun tobten die 75.000 Zuschauer und das Stadion skandierte »Neymar, Neymar«.
Bei Laola1.tv kann man sich eine Video-Zusammenfassung des Spiels anschauen.
3:0 gewann Barça, die Mannschaft bedankte sich kurz beim Publikum. Und genau so schnell, wie sich das Stadion kurz vor Spielbeginn gefüllt hatte, leerte es sich wieder. Und ein toller Groundhopp war zu Ende…
Epilog
Der globalisierte Superstar-Fußball kümmert sich um seine Kunden. Am Tag nach dem Spiel flatterte eine E-Mail in die Inbox, mit einem Wallpaper als Erinnerung an dieses Spiel. Denn: »Now I can say #IWasThere«! Und Neymar!