Oberliga-Hopp ins Schnitzelparadies: FC Germania Friedrichstal vs SSV Ulm 1846 Fußball 1:1 – 11.10.2015
Die fußballlose Länderspielpause war genau der richtige Zeitpunkt, um nach dem Durlacher Derby wieder zu einem lokalen Amateurkick zu »hoppen«. In Friedrichstal, inmitten der ländlichen Weite zwischen den Äckern vor den Toren Karlsruhes, fand in der Oberliga Baden-Württemberg (5. Liga) das Duell zwischen dem gastgebenden FC Germania Friedrichstal und dem heutzutage unter dem sperrigen Namen »SSV Ulm 1846 Fußball« firmierenden Traditionsklub SSV Ulm statt.
Germania Friedrichstal
Der gastgebende FC Germania Friedrichstal spielt seit 1920 auf dem eigenen Sportplatz vor den Toren Friedrichstals. Friedrichstal ist ein Stadtteil von Stutensee, das ein paar Kilometer nördlich von Karlsruhe liegt.
In den Siebzigern spielte der FC Germania bereits einmal in der höchsten deutschen Amateurklasse. Seitdem sind sie Dauergast in den höheren Amateurligen und spielen seit 2014 in der fünftklassigen Oberliga Baden-Württemberg.
Der Start in die aktuelle Oberliga-Saison ist ziemlich misslungen, nach 10 Spielen war der FC Germania noch sieglos und stand mit 7 Niederlagen und nur 3 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz. Somit standen sie unter dem Druck, im Heimspiel langsam mal den ersten Sieg einfahren zu müssen.
SSV Ulm 1846 Fußball
Der SSV Ulm 1846 Fußball hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die die »Spatzen« in der Saison 1999/2000 bis in die Bundesliga spülte. Mehrere Jahre war man auch in der 2. Bundesliga unterwegs, aus dieser stieg man 2000/01 als Bundesliga-Absteiger in die (damals) drittklassige Verbandsliga ab und ist seitdem, begleitet von einer Reihe von Insolvenzen, Ermittlungen der Steuerfahndung und den Turbulenzen des Wettskandals, eine Fahrstuhlmannschaft zwischen Ober- und Regionalliga. 2009 musste sich die Fußballabteilung des SSV Ulm vom Hauptverein trennen und ist seitdem als selbstständiger Verein unter dem Namen »SSV Ulm 1846 Fußball« unterwegs.
In der aktuellen Saison treibt sich Ulm, mit 2 Spielen weniger als der Rest, mit 5 Siegen aus 8 Spielen im Dunstkreis der Tabellenspitze herum.
Auf ins Schnitzelparadies!
Ein milder sonniger Herbsttag war der Spieltag, also ging es mit dem Fahrrad durch den Hardtwald nach Friedrichstal. Dort angekommen, begrüßte den interessierten Besucher erst einmal ein (für ein Oberliga-Spiel) erstaunliches Polizeiaufgebot, »Team Green« war mit mehreren »Wannen« angereist. Wohl wg. der »bösen« Auswärtsfans aus Ulm, die sich allerdings nicht mal im Ansatz »böse« gerierten. In einem »Gästeblock« aus Bauzäunen versammelten sich etwa 50 Ulmer Fans, eine Gruppe von 20 Leuten mit Fahnen und Transparenten war der »singende Support« und unterhielt das Stadion das ganze Spiel hindurch mit Liedern wie dem Gassenhauer aller malträtierten Traditionsvereine: »Oberliga tut so weh, scheißegal, schwarz-weiß olé!«
Für 7 Euro durfte man ins Stutensee-Stadion, dessen dominierendes Gebäude die Vereinsgaststätte »Schnitzelparadies« ist. Der Name ist Programm bei der gastronomischen Ausrichtung, selbst der unschuldige Salat wird hier mit Speck serviert. Aber man war ja für den Fußball gekommen.
Etwa 300 Zuschauer versammelten sich um den, von schattenspendenden Bäumen idyllisch umfassten, Sportplatz. Auf der Schnitzelparadies-Seite konnte man es sich an Gartentischen am Spielfeldrand gemütlich machen, dazu gab es Hoepfner-Flaschenbier für 2,50 EUR. Auf der Gegengerade befindet sich eine kleine Stehtribüne, hier hatten sich hinter den Trainerbänken ein paar Fans mit Schal, Jungvolk und WAGs versammelt.
Das Spiel
Nach dem beim badischen Fußball obligatorischen Badnerlied ging es dann pünktlich um 15:00 Uhr los. Wie oben beschrieben, der Tabellenletzte Friedrichstal war krasser Außenseiter in diesem Spiel. Ulm dominierte das Spiel von Beginn an, ohne klare Torchancen zu bekommen. Und wenn sie einmal vor das Tor kamen, dann war der gut aufgelegte Friedrichstaler Torwart Kai Schwaiger zweimal (in der 15. und besonders in der 27. Minute) richtig gut zur Stelle. Was vom meistens schweigsamen Heimpublikum mit einigen ekstatischen »Super, Kai«-Rufen bedacht wurde, diese glänzenden Paraden hatten sie ihm wohl nicht zugetraut…
In der 29. Minute bekamen die Ulmer den Ball nicht aus dem eigenen Strafraum heraus, was Friedrichstals Verteidiger Rudy Vargas-Müller als Einladung zu einem Gewaltschuss auffasste. Und der ging prompt ins Tor – 1:0 für Friedrichstal! Applaus brandete auf, und die »Stadionregie« spielte zur Feier des Tages das komplette Badnerlied als Tormusik ab. Was dazu führte, dass das Spiel längst wieder lief und im Hintergrund aus dem Lautsprecher immer noch »Frischauf Frischauf mein Badner Land« ertönte…
Der Rest des Spiels war ein Anlaufen der Ulmer gegen den Rückstand. Aber die Friedrichstaler Defensive, die in den 10 Spielen zuvor schon 30 Tore kassiert hatte, hatte einen Sahnetag erwischt. Da wurde gefightet, geköpft und gegrätscht, dass es eine wahre Freude war. So musste in der 64. Minute ein sehenswert direkt verwandelter Freistoß von Marco Hahn zum Ausgleich herhalten.
Danach wurde Friedrichstal ein wenig offensiver, das Spiel wurde aber verbissen im Mittelfeld ausgefochten. Bis auf eine kläglich vergebene Chance von Ulms David Braig in der 89. Minute passierte in den Strafräumen nicht mehr viel. So endete das Spiel, für die noch immer sieglosen Friedrichstaler »glücklich aber verdient«, mit dem 1:1-Unentschieden.
Fazit
Kein großes Fußballfest mit vielen Toren, aber eine unterhaltsame und mit viel Kampf geführte spannende Partie. Da gibt es wahrhaft schlechtere Möglichkeiten, einen sonnigen Herbst-Sonntagnachmittag zu verbringen…
Impressionen
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