60 Jahre Wildparkstadion
Als die Läufe des Lebens den »ballreiter« Mitte der Nuller-Jahre nach Karlsruhe verschlugen, fiel natürlich als Erstes dieses großartige Stadion ins Auge: Harmonisch in den Park rund um das barocke Schloss eingebettet, von vier majestätisch aus den Baumgipfeln herausragenden Flutlichtmasten umringt, steht es da mitten in der Stadt - das Karlsruher Wildparkstadion.
Betritt man das Wildparkstadion, erlebt man den Charme der »guten alten« Fußball-Zeit. Stehplätze ohne Überdachung, mit einer Art Lehmboden, der sich bei Regen in einen kleinen Sumpf verwandelt und die Schuhe langsam in sich hinein saugt. Ein großes »Stadion-Rund« im Sinne des Wortes, mit einer im Laufe der Jahre ziemlich verbastelten Laufbahn. Und als Mahnmal des nach dem KSC-Höhenflug der 90er Jahre grassierenden Wahnsinns der Ära Schäfer/Schmider diese (damals) futuristische Hauptribüne, deren Dach wie ein Klingonen-Schiff aus Star Trek aussieht.
Heute (7.8.15) feiert das Stadion 60. Geburtstag, am 7. August 1955 wurde es mit einem inoffiziellen »Supercup« (der damals natürlich noch nicht so hieß) eingeweiht. Das Spiel bestritten der Pokalsieger KSC und der Deutsche Meister Rot-Weiss Essen und endete 2:2. Nach der Fusion des FC Phönix und des VfB Mühlburg zum Karlsruher SC wurde es als Stadion für den neuen Klub, am Ort der Spielstätte des FC Phönix, aufgebaut. Damals fasste es 55.000 Zuschauer und war eines der modernsten Stadien Deutschlands. Wie lange das her ist, sieht man schon an den Namen von Meister und Pokalsieger…
In Zeiten der stets gleich aussehenden Einheitsstadien vor den Toren der Städte, allesamt weitab der Zivilisation an irgendeiner Autobahnausfahrt gelegen, fällt der Wildpark aus der Reihe. Und es ist auf seine Art absolut großartig. Wenn die modernen Arenen die feinen Anzüge von Pep sind, dann ist das Wildparkstadion ein alter bequemer Trainingsanzug.
Manchmal ist es auch weniger großartig, bei schlechtem Wetter ist man ebenjenem direkt und ohne Schutz ausgesetzt, wie in der »guten alten« Zeit…
Nach mannigfaltigen jahrelangen Verhandlungen und Beschlüssen und Wirrungen zwischen Stadt und Hauptnutzer KSC soll das Wildparkstadion in den nächsten Jahren abgerissen und an gleicher Stelle neu aufgebaut werden.
Der routinierte Karlsruher Fan aber weiß derlei Beschlüsse mit der angemessenen Skepsis zu bewerten. Und wird das Relikt einer anderen Fußball-Ära weiter besuchen. Dabei nach außen über das alte unkomfortable Ding fluchen, aber es in seinem tiefsten Innern stets großartig finden. Sollen die Klatschpappen ruhig nach Sinzheim in den Komfort der schönen neuen Fußball-Welt fahren. Die Wahren bleiben hier, im Wildpark. Denn in Karlsruhe scheint sowieso meistens die Sonne, wer braucht da ein Dach?
Bis dann eines Tages tatsächlich einmal die Bagger anrücken…