Besuch im Joggeli: FC Basel vs FC Vaduz 2:0 – 19.7.2015
Juli, Sommer, Hitze. Und langsam ist es gut mit mäßig unterhaltsamen Sommerbelustigungen wie Altersklassennationalturnieren und Freundschaftsspielen. Richtiger Fußball wird nur um Punkte gespielt, da traf es sich gut dass die Schweizer Super League eine Woche vor der 2. Bundesliga die Saison eröffnete und der Schweizer Champion FC Basel mit einem Heimspiel startete. Ein neuer Ground in einem neuen Land mit einem Spiel um Punkte: Hurra, auf geht's in die Schweiz!
Folgerichtig ging es am Sonntagmorgen zum Bahnhof und ab in den ICE nach Basel. Alles pünktlich, Hin- und Rückfahrt, die Bahn war in Champions-League-Form! Der Serienmeister der letzten Jahre, der FC Basel, startete in die Saison 2015/16 gegen den Liechtensteiner Vertreter FC Vaduz, die seit 1933 am Spielbetrieb der Schweiz teilnehmen und 2008 in die höchste Liga aufstiegen.
Das Stadion, der St. Jakob-Park, liebevoll »Joggeli« genannt, liegt inmitten eines Gewirrs von Brücken und Tunnel und Grünanlagen an einem kleinen Fluß, der Birs.
Vielen der Brücken und Tunnel sieht man die Nähe des Stadions an den Wänden an:
Vor dem Spiel treffen sich einige Fans am Ufer der Birs und stärken sich mit Bier und Grillgut. Bei einem stolzen Preis von 8 Franken (etwa 7,60 EUR) für eine Stadionwurst und 5,50 Franken für ein Stadionbier ist Selbstversorgung eine gute Idee. Überhaupt ist in der Schweiz aus der deutschen Perspektive alles exorbitant teuer. Ein Fanschal – 30 Franken. Ein aktuelles Trikot – 120 Franken.
Im Schweizer Fußball ist alles eine Nummer kleiner und unaufgeregter, so war beim Eintreffen am altehrwürdigen St. Jakob-Park noch nicht arg viel los.
Der St. Jakob-Park ist ein seltsames Stadion. Von außen wirkt es wenig eindrucksvoll und kommt mit einem Einkaufszentrum, Büros und einer Seniorenresidenz(!) daher. Wenn ich mal uralt bin möchte ich auch in einer Seniorenresidenz im Stadion wohnen!
Im Stadion gibt es einen Fanshop mit integriertem Vereinsmuseum. Neben alten Pokalen, Urkunden und Devotionalien aus der Geschichte des FC Basel findet man dort auch gute alte Bekannte aus der Bundesliga (siehe Bild links).
Das berühmte blau-rote Trikot des FC Barcelona soll übrigens seinen Ursprung beim FC Basel haben. Der damalige Basler Kapitän Hans-Max »Joan« Gamper wanderte 1897 nach Barcelona aus und gehörte 1899 zu den Gründern des FC Barcelona. Seinem alten Klub FC Basel zu Ehren soll er die Trikotfarbe Rot-Blau ausgewählt haben. Später wurde er Kapitän des FC Barcelona und erzielte für die Blaugrana über 100 Tore in 48 Spielen. Gamper nahm ein tragisches Ende, er wurde wg. »katalanischen Nationalismus« aus Spanien ausgewiesen, kehrte nach Basel zurück und beging dort 1930 Selbstmord. Noch heute ist der Basler Gamper eine große Legende der Blaugrana, nach ihm ist eine Straße und der Joan-Gamper-Pokal benannt.
Zurück zum Spieltag im Jahre 2015. Wenn man dann endlich drinnen ist, findet man eine wunderschöne Fußballarena mit steilen Rängen und einer hervorragenden Sicht vor. Das unscheinbare Stadion hinter dem Einkaufszentrum ist ein UEFA-Stadion der Kategorie 4, was bedeutet dass hier Europapokal-Endspiele stattfinden können und werden, diese Saison das Finale der Europa League.
Um 13:45 (ja, auch in der Schweiz gibt es Pay-TV, das seltsame Anstoßzeiten vorgibt) ging es dann endlich los. Der haushohe Favorit und Meister FC Basel gegen den FC Vaduz, der in der letzten Saison gerade so die Klasse gehalten hatte, das Spiel sollte »auf dem Papier« eine klare Sache werden.
Basel legte los und setzte Vaduz schwer unter Druck. Und ging durch einen Handelfmeter in Führung. Ich hätte schwören können, dass das ein klarer Elfer war, schaut man sich das in Youtube mal an ist man nicht mehr so sicher. Das Handspiel könnte auch vor der Linie gewesen sein. Wie auch immer, Schiedsrichter pfeift, also ist es ein Elfer, nach 10 Minuten führt Basel 1:0 und alle warten auf das Schützenfest.
Das fand aber nicht statt, der FC Basel tat beim sommerlichen Wetter nur das Nötigste, die gefährlichen Torjäger der Rot-Blauen, Shkelzen Gashi und Breel Embolo, hatten kein Zielwasser getrunken, so entwickelte sich eine zähe Partie die erst in der 80. Minute durch Kakitanis 2:0 entschieden wird.
Aus Gladbacher Fansicht schaut man natürlich auf Taulent »Bruder« Xhaka, der von weitem seinem Gladbacher Bruder Granit in seinen Bewegungen sehr ähnlich ist. Und ein »polyvalenter« Bursche, im Verlaufe des Spiels wanderte er von seiner defensiven Ausgangsposition auf eine offensive Außenposition.
Immerhin zweimal hatte die Fans im Stehplatzblock hinter dem Tor, der »Muttenzer Kurve«, Gelegenheit zu ihrem Tor-Feier-Ritual: Einen blauen und einen roten Smoker loslassen. Was in der entspannten Schweiz niemanden groß stört.
Fazit: Schöner Fußballtag in Basel, war nicht das größte aller Spiele, Atmosphäre und »Drumherum« (bis auf die Preise) stimmten. Erstaunlich war auch wie sich die 27.000 Fans nach dem Spiel ohne großes Drängeln und Verkehrschaos so schnell wieder verteilten wie sie gekommen waren. Ein Stadion gehört halt in die Stadt und nicht draußen in die Pampa an eine Autobahnausfahrt ohne weitere Infrastruktur, aber diese Lektion werden wir in Deutschland nicht mehr lernen. Auch habe ich den ganzen Tag genau drei Polizisten gesehen, vor dem Stadion im kurzen Hemd, nachschauend ob jemand sein »Töff« (schweizerisch für motorisiertes Zweirad) auf dem Gehsteig abstellt.
Es war eine angenehme fokussierte Fußball-Atmosphäre ohne unnötigen Schnickschnack – ich glaube, ich werde noch einmal wiederkommen ins Joggeli…